2013 - Camargue, die Zweite

 MG 9414 1 kAm 25. Oktober nahmen wir das zweite Mal in diesem Jahr Kurs auf die Camargue.

 

Aus einem lustigen Mailwechsel mit Hummel während unseres Osterurlaubs ("vergiss Ostern in Deutschland und komm einfach hier in die Camargue - hier ist es so schön"), entstand die Idee des gemeinsamen Urlaubs in Südfrankreich. Für uns und vor allem für Anouk eine bestechende Idee, der Herbsttristesse zu entfliehen, zumal wir den Campingplatz und alles drum herum bereits kennen. Und für Hummel mit Familie bot sich die Chance, auch ohne Wohnmobil in eine der Campinghütten (Mobile Home) des Campingplatzes mitsamt Hunden unterzukommen.
So trafen wir uns, nachdem der B-Wurf von der Poloniusburg ausgezogen war, Hummel und Dirk dementsprechend urlaubsreif waren und Klein-Brani gleich mal ihre vorwitzige Nase in die große, weite Welt stecken sollte, zu Beginn der Herbstferien am 25. Oktober für eine Woche in Saintes-Maries-de-la-Mer, also genau dort, wo wir dieses Jahr schon einmal urlaubten.

Es sollten wunderschöne Tage in Südfrankreich werden: die Temperaturen durchgängig um die 20° C (zwei Tage auch bis zu 26° C), der Campingplatz nur noch dünn, dafür dick mit Hunden belegt, Strand und Etanges nicht übervölkert und alle Geschäfte und Restaurants noch immer ohne Anzeichen von Herbstdepression voll in Betrieb.

 MG 8538 1 kErster StrandspaziergangAnouk und Fianna konnten es erst gar nicht glauben, als sie auf dem Campingplatz plötzlich zwei Hovis erspähten - Hydraulik herunter fahren, langsames Anschleichen, vorsichtiges Schwanzwedeln - und dann der jähe Erkenntnisschub: Chilli, Brani, Hummel, Dirk und Julius (der jüngste Polone)! Spontan war die Luft sandgeschwängert und fünf Zweibeiner hatten alle Hände voll zu tun die vier Vierbeiner aus den Ohren und von den Schultern zu entfernen. Unsere zwei Mädels waren komplett aus dem Häuschen und Chilli und Brani ebenso.

Schwerpunktmäßig ließen wir in diesem Urlaub die Seele baumeln: viele Strand- und Dünenspaziergänge mit den Hunden, lesen, Rad fahren, gut Essen und Trinken und ein wenig Kultur.
Wir hatten das Glück, dass es an unserem Ankunftwochenende einen Stierkampf (Course Camarguaise) gab, den wir uns natürlich nicht entgehen ließen, weil er, wie wir in unserem Osterbericht bereits ausführlich beschrieben, ein großartiges und sportlich beeindruckendes Spektakel ist.
 MG 8808 1 kTaxi AnoukDie Spaziergänge mit den Hunden gestalteten sich diesmal unkomplizierter als an Ostern, weil wir für Anouk einen Fahrradanhänger dabei hatten. Fines Herrschaften aus Regensburg, die ihn uns gerne überließen, sei dafür herzlich gedankt. So konnten wir auch weite Strecken vom Campingplatz aus überbrücken und zu den schönsten und für viele Fußgänger schon zu entlegenen Stränden und Dünen gelangen, was wir sonst mit Anouk nicht mehr geschafft hätten. Nach anfänglicher Skepsis thronte Anouk bald wie Queen Mum in ihrem Rollator und genoss den Service ohne Vorbehalte. Zweimal duldete sie sogar Klein-Brani als blinden Passagier in ihrem Abteil, als auch für den Zwerg die Strecke zu lang wurde. Fianna und Chilli waren per Pedes unterwegs, was ihrem Bewegungsdrang und der allgemeinen Fitness sicherlich zugute kam. Am Ziel angekommen begann dann der Wasserkarneval und die Dünensause bis zur partiellen Erschöpfung. Du liebe Güte: was hatten die für einen Spaß! Für den langen Rückweg baute sich Anouik dann schon mal vorsorglich vor ihrem Hundetaxi auf, um klar zu machen, dass sie darauf nun einen lebenslangen Anspruch zu erheben gedenke.

 MG 8915 1 kGruppenbild in Arles - nur Fotograf Dirk fehltEinen Tag besichtigten wir Arles. Mit allen vier Hunden schlenderten wir durch die Stadt und schauten uns das römische Theater, die römische Arena (alles aus der Zeit des Kaisers Augustus) sowie die Alyscamps, eine Totenstadt aus dem 8. Jahrhundert, an. Hierher wurden reiche Leichen, in Fässern eingenagelt und mit einer wertvollen Münze im Leichentuch, via Rhone verbracht, indem man sie einfach in ihrem Fass in die Rhone stieß und in Arles aus der nämlichen wieder fischte, nur um in der begehrten Alyscamp, dank der kleinen Fassbeilage, bestattet zu werden. Die reichen Franzosen sind perdu, mit den Winden der Geschichte verweht, nur ihre Sarkophage trotzten dem Vergehen und zeugen, genauso bröselig und fadenscheinig wie amerkanische Geisterstädte, von Zeiten hypertropher Konjunktur. Jetzt bewohnen diese Totenstadt nur noch Katzen und Touristen, auch solche, die mit vier prächtigen Hovawarthündinnen vermutlich mehr Aufsehen erregen, als wenn plötzlich der Kaufmann von Venedig aus einem der abgebröselten Sarkophage stiege. Nach der Sightseeing-Tour war Anouk reichlich und rechtschaffen platt, aber auch sichtlich zufrieden, weil Dabeisein die Königsdisziplin ist, der sie alles unterwirft. Anouks Frage lautet nämlich nicht: Sein oder Nicht sein, sondern Dabeisein oder Alleinsein. Zur ultimativen Abklärung dieser Frage geht sie alle Wege dieser Welt. Und sie geht sie stolz, mit erhobenen Haupt, auch wenn die Beine weicher werden.

Zur Vollständigkeit muss noch erwähnt werden, dass wir uns an einem weiteren Tag natürlich wieder in der Öl-Kooperative Jean Marie Cornille in Maussane-les-Alpilles (www.moulin-cornille.com) mit Olivenöl eindeckten. Das muss einfach sein. Auf dem Rückweg machten wir Station in Beaucaire und sahen uns das Chateau an. Ehrlich gesagt: den Umweg Hätten wir uns sparen können. Beaucaire ist ein atmosphäreloser, schmuddeliger Ort den man nicht gesehen haben muss, nach unserem Eindruck toter und fadenscheiniger als die Alyscamps. Das muss in aller Zukunft nicht mehr sein - zumal wir eigentlich nur hierher kamen, weil es hier einen Carrefour-Markt gibt.

Am Freitagabend bescherten und bereiteten wir uns ein lukullisches Abschiedsessen aus dem örtlichen Fischladen: Miesmuscheln, Langusten vom Grill und Fischsuppe. Wir sind uns sicher - hier waren wir nicht zum letzten Mal. Vielleicht fällt ja heuer noch die Klappe für "Camargue, die Dritte". Mal sehen, wann uns die Sehnsucht packt.

So gut hat's uns gefallen: