Pfingsten 2018 – Mit dem Womo durch Slowenien

SloveniaWas ist ein Ziel, das man in zwei Wochen Pfingstferien einigermaßen gemütlich und bei hoffentlich angenehmem Wetter anpeilen kann, und das, wenn möglich, noch nicht im Reisearchiv des Bairischen Blues verzeichnet ist?

Nach etwas Grübeln kommen wir auf Slowenien, das wegen seiner Geschichte und der sehr unterschiedlichen Landschaften auf einem sehr kleinen Staatsgebiet von etwas mehr als 20.000 km2 (Deutschland: ca. 357.400 km2) unser Interesse weckt. Jahrhunderte gehörte Slowenien zum Habsburgerreich, nach dem 1. Weltkrieg wurde es Teil des neuen Königreichs Jugoslawien, mit dem es nach dem 2. Weltkrieg sozialistisch wurde. Im Norden grenzt Slowenien an Österreich, im Westen an Italien, im Süden und Südosten an Kroatien und im Osten an Ungarn. Alle diese Kulturen und Einflüsse müssen zweifellos ihre Spuren hinterlassen haben und lassen auf eine höchst interessante kulturelle Gemengelage hoffen. Dazu kommen auf so kleiner Fläche sehr unterschiedliche Landschaften: Im Norden die südlichen Kalkalpen mit dem Triglav als höchster Erhebung Sloweniens (2864 m), im Südwesten das mediterrane Slowenien, in deren Hinterland einzigartige Karstlandschaften liegen, und ganz im Osten die trockenen und heißen Landschaften als Ausläufer der Pannonischen Tiefebene mit seinen Weinbaugebieten. Das sollte eine Mischung sein, die auf eine abwechslungsreiche und entspannte Pfingstausfahrt hoffen lässt, zumal dabei sehr überschaubare Strecken zurückgelegt werden müssen: European history and tradition in a nutshell – sozusagen.

 

Mittwoch, 16. Mai 2018

Um 14:15 Uhr starten wir bei 12 °C und schwermütigem Dauerregen. Wie die Abreisezeit ahnen lässt, haben wir heute nicht mehr vor, bis Slowenien zu fahren. Die Arbeitszeit der Reiseleiterin lässt keine frühere Abreise zu, und so ist unser Ziel heute Wernberg, östlich von Villach und damit nur einen Katzensprung von der slowenischen Grenze entfernt. Unser erstes Ziel ist der Irschenberg, der sich für uns als perfekter Treffpunkt anbietet, wenn man in Gesellschaft gen Süden fahren möchte. Nach unseren Freunden aus Oberschwaben, die uns im vergangenen Sommer in die Bretagne begleiteten, leisten uns auf unserer Slowenienfahrt Münchener Freunde Gesellschaft. Doris, Klaus und die achtjährige Hovawarthündin Effie aus unserem Stall wollen ins wohnmobile Reisen schnuppern und haben sich dafür mit einem Mietmobil ausgerüstet. Nach einem kurzen Tankaufenthalt und einem erwartungsfrohen Begrüßungs-Chat, machen wir uns um 15 Uhr auf den Weg, die A 8 hinunter und anschließend auf der Tauernautobahn gen Süden. Um 17 Uhr werfen wir 11,50 € in den österreicheschen Klingelbeutel, um den Katschbergtunnel durchfahren zu dürfen und sind um 18 Uhr am heutigen Ziel: Stellplatz des Gasthofs Fruhmann in Wernberg (N 46° 37' 27,3''  E 013° 55' 47,7''). Wir registrieren 14 °C und lockere Bewölkung; somit haben sich die ersten 291 Kilometer schon gelohnt. Der Stellplatz liegt hinter dem Gasthof, ist gekiest und für fünf Womos ausgelegt. Die Übernachtung ist kostenlos, aber der Besuch des Restaurants wird  vorausgesetzt (obligatorisch). Diese Konstellation – kostenloser Stellplatz + Restaurantbesuch – ist in Österreich weit verbreitet und eine echte Two-Winner-Story.

Fahrtstrecke Vagen – WernbergFahrtstrecke Vagen – Wernberg

Wir drehen mit den Hunden eine kleine Runde und stellen fest, dass die Örtlichkeiten bestenfalls suboptimal für Hundespaziergänge sind. Da wir aber hier nicht unsere Ferien verbringen wollen, kann man damit gut leben.

Um 19 Uhr kommen wir den Erwartungen nach, die als Stellplatzgäste an uns gestellt werden, und betreten den Gasthof Fruhmann – und haben den Eindruck, jäh in eine versunkene Welt eingetaucht zu sein. Das eine ist die Größe der Gasträume, wie wir sie in Deutschland nicht mehr so häufig finden, das andere und längst Vergessene ergibt sich aus den Rauchschwaden, die uns entgegenwabern. In Österreich darf in Restaurants noch geraucht werden, dafür hat die in jeder Hinsicht rückwärts gewandte FPÖ gesorgt und alle Angriffe auf öffentliche und gastronomische Vernebelung abgeschmettert. Wer den Nebel nutzt, um im Trüben fischen zu können, betrachtet dessen Existenz als Lebensversicherung. Wir lassen uns in einem der hinteren Nichtraucherräume nieder, die zwar auch nicht unbelastet sind, aber doch erheblich mehr Durchblick und Atemfreiheit gewähren. Allen Unkenrufen, Insolvenzdramaturgien und Traditionsverlustprophetien zum Trotz, weiß auch der Chronist und Chauffeur als einstiger Kampfraucher längst den Segen einer rauchfreien Gastronomie zu schätzen, und das nicht erst, seit er dem Laster abgeschworen hat. Die Größe und Bedeutung des Habsburgerreiches in seinen historisch brillanten Zeiten erwuchs dem Motto 'Tu felix Austria nube' (Heirate, glückliches Österreich!), weil die Habsburger Macht und Einfluss in Ehebetten generierten und maximierten; hier, im Gasthof Fruhmann, vedichtet sich der Eindruck der geistigen Zwergstaaterei in dem Satz: 'Tu verflixtes Austria fuma!' Also: Raucht ruhig weiter und vernebelt eure Hirne.

Die Speisekarte des Gasthofs Fruhmann ist in jeder Hinsicht österreichisch: mächtig, deftig, fleischlastig und pommeshaltig oder anders ausgedrückt, getragen von allem, was dick und glücklich macht: viel, sehr viel, viel zu viel, üppig und dabei noch preiswert.

Um 22 Uhr tragen wir unsere Schnitzel, Backhendl, Grillplatten, Biere und Veltliner schweren Schrittes unter unseren Herzen in die Wohnmobilien und ahnen, dass sie in ihrem Verarbeitungsprozess noch lange den Schlaf von uns fernhalten werden. Und in Anbetracht der Geschichte Sloweniens steht zu befürchten, dass die kommenden Tage kulinarisch gesehen eine Kalorienprozession werden könnten: leichte österreichische Küche verheiratet mit einer schlanken kroatischen und verschwägert mit einer grazilen ungarischen – das könnte eine Herausforderung an die Hosenbünde werden.

 

Donnerstag, 17. Mai 2018

WernbergMorgenspaziergangUm 8:30 Uhr finden wir nach einem angestrengten Verdauungsschlaf wieder zurück ins Leben und in den Tag, der vor einem blaublauen Himmel eine Handvoll weißer Restwolken hin- und herschiebt und die Luft mit morgentypischen 13 °C temperiert. Wir suchen nach einem hundefreundlichen Spazierweg und finden ihn, indem wir die Hauptstraße ein wenig östlich zurückgehen und sie bei einem Trafohäuschen überqueren, dann durch ein kleines Neubaugebiet zum Waldrand hochsteigen, wo die Hunde auf den Wiesen genug Gelegenheit haben, ihre Nachtstarre aus den Beinen zu rennen. Etwas weiter östlich geht es dann wieder hinab zur Straße und zurück zum Gasthof.

Um 9:15 Uhr sind wir wieder zurück und nehmen ein kleines Frühstück zu uns, das nach der abendlichen Völlerei auch nicht größer hätte ausfallen dürfen.

WurzenpassAnfahrt zum WurzenpassUm 10:15 wurzen 2 kAm WurzenpassUhr verlassen wir Wernberg und den Gasthof Fruhmann in Richtung Slowenien. Um 10:45 Uhr erreichen wir den Scheitelpunkt des Wurzenpasses (1073 m), den unser Franz II ächzend und jappend bis zum maximal angezeigten Momentanverbrauch von 50 l/km hoch hechelt. Bis zu 18% Steigung zieht es den Pass hoch und die Straße ist schlecht, eng und kurvenreich, ein Spaß für Motoradfahrer und ambitionierte Radfahrer, eine Kampfansage an Wohnmobilisten. Als Hauptverbindung zwischen Österreich und Slowenien war der Wurzenpass seit der Eröffnung des Karawankentunnels 1991 weitgehend ins Hintertreffen geraten. Von Villach aus ist der Tunnel tatsächlich die Verbindung der Wahl in Richtung Bled und Ljubljana, wir aber haben Planica als erstes slowenisches Ziel auf dem Zettel, und das liegt weiter westlich und ist demnach schneller über den Wurzenpass anzusteuern.

PlanicaDie Sprunganlage von PlanicaNach rund 33 Kilometern sind wir um 11 Uhr an den weltberühmten Sprungschanzen von Planica mit der aktuell zweitgrößten Skiflugschanze der Welt, deren Schanzenrekord Gregor Schlierenzauer im März 2018 mit 253,5 m aufstellte. Eine gute Gelegenheit, Flugschanze PlanicaAufstieg zur Flugschanze von Planicasich das einmal aus der Nähe anzusehen, wären die Nordischen Skiweltmeisterschaften 2023, die hier ausgetragen werden. Wir zahlen 2,50 € Parkgebühr (N 46° 28' 40,5''  E 013° 43' 30,5'') und schauen uns um. Viel ist erwartungsgemäß nicht zu sehen, außer der riesigen Flugschanze, der Großschanze, der Normalschanze und eine Reihe kleinerer Trainingsschanzen, dazu kahlgeschlagene Wälder, Parkareale, sowie Zuschauertribünen und Richtertürme. Was im verschneiten Winter einen gewissen Reiz verströmen kann, sorgt im Sommer für nichts als optische Tristesse. Unsere Hunde halten sich mit solchen Gedanken nicht lange auf, für sie sind Flugschanze PlanicaBlick über den Schanzenvorbau in den Auslaufdie wichtigsten Highlights die Schneereste, die hier noch herumliegen und zum Tollen und Toben einladen. Planica liegt auf 870 m, und die betonplanierten Schneemassen haben hier ein langes Leben. Während sich drei der Touristengruppe im Auslauf der Schanzen herumtreiben und den Hunden beim Toben zusehen, treibt es den Chauffeur hinauf, zur Flugschanze hinauf, den Aufsprunghügel hinauf, immer weiter, 200 Meter hinauf bis zum Vorbau, bei einer Steigung von 33°, die damit nur unbedeutend weniger Neigung als der Anlauf Flugschanze in PlanicaSchneefreuden im Auslauf der Flugschanzemit seinen 35,1° hat. Die Schanze selbst muss dann nicht mehr bestiegen werden, aber der Eindruck vom Vorbau hinunter ist auch schon respekteinflößend genug. Die Herausforderung ist nicht so sehr der Aufstieg als der Abstieg, bei dem der Chauffeur ständig gegen einen drohenden Knieschnackler ankämpfen muss. Würde er eine Fitnessuhr tragen, würde ihm diese für die rund 1100 Stufen vermutlich zujubeln, verschiedene Leitungszertifikate der Premiumkategorie ausstellen und ihm für die nächsten zwei Tage freigeben. Die Huldigungen der Zurückgebliebenen nimmt er selbstredend gern in Empfang – und anschließend im Womo das Funktionswerkzeug heraus, um sich mit einer martialischen Klinge zwei mächtige Holzsplitter aus beiden Händen zu operieren, die er sich an den hölzernen Handläufen eingezogen hatte. Ja, nicht nur die todesmutigen Flugkünstler gehen in Planica an ihre körperlichen Grenzen; ein Womo-Chauffeur kann das auch.

Um 12 Uhr geht es weiter, weiß-blau wolkig ist es und 19 °C hat es hier, mitten zwischen den Karawanken und den Julischen Alpen. Nur 10 Minuten später stehen wir auf dem Womo-Stellplatz von Kranjska Gora (N 46° 29' 11''  E 013° 46' 39''), es sind ja auch nur sieben Kilometer von Planica herüber. Der Unterschied ist: Hier regnet es leicht. Kranjska Gora (deutsch: Krainer Berg) muss man nicht gesehen haben, es sei denn, man wäre Wintersportler, denn dafür ist dieser Ort bekannt, und vermutlich für eine Vielzahl von Oberkrainer-Dudel-Repliken während der Touristensaison.

Jasna SeeAm Jasna-SeeWir ZlatotogZlatorog, das Goldhornmachen uns auf den Weg zum etwa 1,5 km südlich gelegenen Jasna-See, immer entlang dem Westufer der Unteren Save (Sava Dolinka), die unweit von hier entspringt und nach 940 Kilometern bei Belgrad in die Donau mündet. Für die Hunde bietet sie die erste Gelegenheit, sich die Füße zu waschen. Der Jasna-See (Jezero Jasna) besteht eigentlich aus zwei miteinander verbundenen künstlichen Seen, die sich, wenn man ein bisschen untertreibt, zu einem etwas über die Ufer getretenen Löschteich zusammentun. Groß ist er also nicht, der Jasna-See, dafür strahlt sein Wasser smaragdgrün und glasklar. An seinem Nordufer steht die Statue des Hedda klettertNichts ist unmöglich ...Goldhorns (Zlatorog), jenes sagenhaften Gamsbocks mit den goldenen Hörnern, dem Wächter eines Schatzes im Triglav, der sich, nachdem er erschossen wurde und auf wundersame Weise wieder zu Leben kam, fürchterlich rächte und für immer verschwand. Hier steht er nun als Mahnmal, sieht eher aus wie ein Steinbock und verkörpert all die Legenden um Liebe, Verrat, Vernichtung und Gier, die sich um ihn ranken. Wir erweisen Zlatorog die Ehre und spazieren anschließend einmal um den See, das heißt, die Menschen gehen und die Hunde schwimmen. Eine spektakuläre Einlage liefert uns Hedda, als sie den auf einen Aussichtsturm gestiegenen Chauffeur dort oben besuchen kommt – mal sehen, was der da oben treibt? – und dabei die nahezu senkrechten Treppen wie ein Eichhörnchen auf- und absteigt. Kein Zögern zeigt sie, nicht die kleinste Unsicherheit, so als ob sie das täglich trainiert hätte und nun endlich vor aller Augen zeigen darf, was sie drauf hat. Zurück geht es dann am Ostufer der Save entlang, und nach insgesamt 3,5 Kilometern sind wir um 14:15 Uhr wieder bei unseren Womos. Es hat inzwischen 22 °C, es ist wolkig und, wie es den Anschein hat, jederzeit bereit, wieder ein paar Tropfen über uns zu träufeln.

JAsna-SeeSpaziergang von Kranjska Gora – Jasna-See

Um 14:30 Uhr verlassen wir Kranjska Gora in Richtung Bled. Wie immer, wenn uns nichts zur Eile mahnt, wählen wir die Land- und Nebenstraßen, um etwas von Land und Leuten mitzubekommen. Heute ist das zwar kein Fehler, aber mühsam, denn es geht über schlechte Straßen, durch zum Teil sehr enge Ortsdurchfahrten und zahlreiche Baustellen, so viele, dass wir an unsere Polenfahrt erinnert werden, die zu mindestens einem Drittel eine Art Baustellen-Rallye war. Deshalb brauchen wir für die 40 Kilometer auch über eine Stunde, vor allem, weil wir vom Norden kommend, den Campingplatz an der Westseite des Bleder Sees nicht direkt anfahren können, sondern östlich einmal um den See herum und durch Bled hindurch müssen, Stau inbegriffen. So erreichen wir Sava Camping Bled um 15:40 Uhr bei wolkigen 19 °C (N 46° 21' 41,4''  E 014° 04' 51,4''). 80 Kilometer sind wir heute gefahren.

Fahrtstrecke Wernberg – BledFahrtstrecke Wernberg – Bled

Sava Camping BledSava Camping BledDer Platz ist gut besucht, und weil wir zwei Plätze nebeneinander wollen, werden wir in den hintersten Teil verwiesen, der eigentlich für Zelte vorgesehen ist. Dort stehen wir ab vom Schuss auf einem etwas ruppigen und ausgewaschenen Gelände, beschirmt von einer mächtigen Bergulme und umrahmt von strammen Ahornbäumen. In dieser äußersten Ecke des Platzes bekommen wir eine Ahnung von einigen Klagen in den einschlägigen Internet-Foren, dass der Platz sehr matschig und uneben sei. Hier hinten können wir uns das bei entsprechendem Wetter gut vorstellen, aber der größte Teil des Platzes ist sehr gut hergerichtet, mit geebneten und gekiesten Stellflächen; das sieht alles ziemlich frisch aus.  

Wir packen unsere Möbel aus und beglücken uns mit Kaffee und Petits Fours, die wir bei Mercator in Kranjska Gora erstanden haben. Danach gibt es einen "Ankerschluck". Es folgt ein kleiner Orientierungsrundgang durch den Campingplatz und an den See, der direkt am Ostende des Platzes beginnt. Und anschließend ist Siesta.

Um 19 Uhr wird trotz einer eher fragwürdigen Wolkenentwicklung gegrillt. Aber das Wetter hält stand und die Wolken halten dicht. Bei 12 °C machen wir um 22:30 Uhr die Lichter aus. Und der Uhu uht dazu.

 

Freitag, 18. Mai 2018

Frühstücks-ServiceFrühstücks-ServiceUm 7 Uhr kommt schon wieder Leben in den Franz II; der Himmel zeigt sich wolkig , aber mit 13 °C kann man sich schon auf einen passablen Frühlingstag freuen. Um halb acht machen wir einen kleinen Morgenspaziergang mit den Hunden zum See und versorgen uns an einem Bäckereiwagen mit Frühstücksgebäck. Frühstück beginnt für uns um 8:15 Uhr, unsere Mitreisenden gesellen sich um 9 Uhr dazu. Um 10:15 Uhr starten wir zu einem Spaziergang um den See.

Bled und der Bleder See (Blejsko jezero) liegen nur wenige Kilometer südlich der österreichischen Grenze und 50 Kilometer nordwestlich von Ljubljana in der Region Oberkrain in 475 m auf dem Pokljuka-Hochplateau. Bled lebt vorwiegend vom Tourismus, zu dem der Bleder See, RuderstreckenParadies für RudererSee seinen Mariä HimmelfahrtMit dem Plättboot zu Mariä Himmelfahrtentscheidenden Beitrag leistet. Da ist einerseits die kleine und sehr malerische Insel (Blejski Otok), die einst das Heiligtum der Liebesgöttin Živa beherbergte und nun mit der gotischen Kirche Mariä Himmelfahrt einen richtigen Tourismusmagneten aufweisen kann. Die Überfahrt erfolgt auf farbenfrohen und "handbetriebenen" Plättbooten (pletna), was dem See einen Anflug von Venedig verleiht. Dazu hat der See alles, was man braucht, um Wassersportler aller Art anzuziehen. Wegen der vor dem Nordwind schützenden Berge der Julischen Alpen und der Karawanken garantiert der See eine lange Badesaison (immerhin bis zu 25° Wassertemperatur im Juli und August), und mit 2,1 km Länge und 1,4, km Breite (insgesamt  1,45 km2) ist der See mit seiner geschützten Lage ideal für Ruderer und Segler. Seit 1966 fanden hier vier Ruderweltmeisterschaften und im Jahre 2010 der erste Ruderweltcup statt.

Wir spazieren im Uhrzeigersinn um den See, zuerst durch das Regattagelände, dann durch den Ort und am Südufer zurück, vorbei an der ehemaligen Sommerresidenz des jugoslawischen Präsidenten Tito, der heutigen "Villa Bled", zum Campingplatz, der unseren Vermögensverhältnissen eindeutig mehr entspricht, als die Villa, die noch immer im Staatsbesitz ist, aber privat betrieben wird. Wer Bleder BurgDie Bleder Burgmöchte, kann hier in der ehemaligen Präsidentensuite residieren. Wir möchten nicht – und wir wollen es uns auch nicht leisten. Insgesamt summiert sich der Spaziergang auf etwas über 11 Kilometer rund um den See und immer am Ufer entlang, immer mit Blick auf die Insel und/oder auf die Burg von Bled (Blejski grad) über dem Nordostufer. Der Touristenandrang hält sich in erträglichen Grenzen, nur an der Seepromenade von Bled selbst ist er für unseren Geschmack ein wenig zu üppig. Hunde können sich hier überall frei bewegen, zumal sowohl die Touristen wie auch die Slowenen selbst ausgesprochen hundefreundlich, gelegentlich geradezu hundenarrisch sind. So oft wie unserer Damen hier gestreichelt, betatscht und geknutscht werden, haben wir das noch nirgendwo erlebt – und unsere Reisetanten stehen das routiniert durch, haben für jede Annäherung Verständnis und für alle eine Liebkosung parat. Den clownesken Höhepunkt der Hovawart-Show liefert Effie, die sich, einer Entenfamilie mit den Augen folgend, so weit über die Promenadenkante reckte, bis sie ins Wasser purzelt und dann, völlig perplex, den 30 Zentimeter hohen Ausstieg aus dem Tümpel nicht mehr schafft. Wir müsse sie "bergen", und die Zuschauer haben ihren Spaß. Ja, wenn Effie sich einer Sache widmet, tut sie das ohne Wenn und Aber, manchmal sogar kopfüber.

Rundweg um den Bleder SeeRundweg um den Bleder See

Um kurz vor 13 Uhr sind wir wieder auf dem Campingplatz, es hat sehr freundliche und weiß-blaue 20 °C. Jetzt gibt es Kaffee und anschließend Siesta. Der Nachmittag ist von lesen, dösen und Autopflege geprägt, untermalt von ein paar kurzen Gewittern mit Schauern.

Um 18 Uhr versammeln wir uns im Restaurant des Campingplatzes, um uns auf die slowenische Küche einzustimmen. Auf den Tisch kommen ein Schweinesteak mit Pommes und Grillgemüse (etwas zäh), eine "Rudererplatte", bestehend aus Schweinemedallions mit Kartoffeln und Speckkraut (ausgezeichnet, aber der sichere Untergang für jeden Ruderer), eine scharfpikante Pizza sowie Cevapcici (beides sehr gut), dazu lassen wir uns Bier, Wein und Wasser munden und beschließen den kulinarischen Abend mit der sagenumwobenen Bleder Cremeschnitte (kremšnita), der wir umgehend mit Haut und Haaren verfallen. Die ganze Partie schlägt mit 90 € zu Buche.

Um 20:30 Uhr sind wir zurück bei unseren Wächterinnen und verdauen bei bewölkten 16 °C im Freien unsere Kalorienpakete. Mit der Zeit verlangsamt jedoch eine immer frischere Luft die Verstoffwechselung und treibt uns nach drinnen.  Um 22:15 Uhr ist Schluss für heute.

 

Samstag, 19. Mai 2018

Morgenspaziergang am Bleder SeeMorgenspaziergang am Bleder SeeAls wir um 8:30 Uhr die Nasen aus dem Franz II strecken, umströmt sie eine wolkenlose Morgenbrise bei 14 °C. Wir führen die zwei Damen hinaus zum See und drehen mit ihnen eine kleine Runde für ihre Morgentoilette. Anschließend besorgen wir uns am Gebäckwagen wieder Frühstück, dem wir uns um 9:15 Uhr mit großer Hingabe widmen. Danach pflegen wir unsere Körper und die Womos und begleichen unsere Rechnungen. Mit der ACSI-Karte zahlen wir für beide Nächte und einem Hund (einer ist frei) knapp 46 €. Unsere Begleiter müssen ohne Karte 55 € berappen.

Um 11:30 Uhr verlassen wir Camping Bled in Richtung Ljubljana, Sloweniens Hauptstadt, die wir nach 56 km um 12:15 Uhr erreichen. Wir lassen uns im Camping Ljubljana Resort nieder (N 46° 05' 53''  E 014° 31' 06'').

Fahrtstrecke Bled – LjubljanaFahrtstrecke Bled – Ljubljana

TruckTruckluftHier geht es zu wie in einem Bienenstock, was nicht daran liegt, dass sich alle Camper der Welt ein Stelldichein geben, sondern daran, dass ausgerechnet heute ein Harley Davidson-Treffen auf dem Platz, begleitet von einer Ausstellung von US-Cars, stattfindet. Wir werden auf einem Handzettel darauf aufmerksam gemacht, dass es etwas lauter werden könnte und unter dem Andrang auch die Sanitäranlagen möglicherweise etwas leiden könnten. Mit der Bitte um freundliches Verständnis. Das haben wir und richten uns erst einmal häuslich ein. Dass sich die Nacht tatsächlich nicht ganz ungestört über uns breiten wird, ahnen wir schnell, als sich im Zehnminutentakt die Auspuffanlage eines Monstertrucks explosionsartig und mit brüllendem Getöse von ihrem Druck befreien darf. Da stehen sie herum, die PS-Fetischisten, Männer vorwiegend, mit glänzenden Augen den Feuerstößen und schwarzen Schwaden folgend, die in den 25 °C warmen slowenischen Himmel steigen und kurzfristig den Blick auf die Sonne verdunkeln. Solange unser Wachpersonal nicht auch durchknallt, soll es uns recht sein.

Um 12:45 Uhr beschließen wir, erst mal einen kleinen Rundgang um den Platz herum zu machen, ein bisschen an der Save entlang, eine halbe Stunde nur. Das Ambiente rund um den Campingplatz ist ziemlich schrottig, der Spazierweg am Fluss so, dass wir die Hunde nicht ins Gebüsch lassen wollen und insofern genehmigen wir den Mädels auch kein Bad. Zum Beinevertreten kann man damit leben, aber die Lust auf Wiederholung hält sich in Grenzen. Nach einer halben Stunde sind wir wieder zurück, gerade rechtzeitig, um ein heraufziehendes und sich entladendes Gewitter horizontal abzuwettern.

LederbrautUm 15 BluegrasUhr treffen wir uns wieder zum Nachmittagskaffee, und anschließend schauen wir bei den "Amis" vorbei, die naturgemäß überwiegend Slowenen sind. Kerle in Leder und Stetson fachsimpeln mit glänzenden Augen, Bluegras und Blues legt sich von einem LKW-Anhänger herab über die Szenerie und kämpft mit den krachenden Feuerstößen des Trucks. Aber am putzigsten sind die Mädels, die meisten im 50er-Jahre-Look mit Reifröcken und Petticoats, Mieder und harley 2 kgegeelten Bubiköpfen, gerne auch kalkweiß geschminkt wie Porzellanpuppen. Da steht der Chauffeur schon eher auf die Lederbräute, die ihre Harley selber vorfahren und nicht als Püppchen vom Sozius lächeln. Ist schon eine spezielle Welt hier, aber vom Trump haben die alle nichts. Wie denn auch? Sind ja alle Slowenen mit k. u. k.-Kultur im Blut, europäischer Hochadel eben.

Direkt vor dem Campingplatz an der Einfallsstraße nach Ljubljana hält der Bus Nr. 6, und von dem lassen wir uns um 16:30 Uhr in die City chauffieren. Die etwa fünf Kilometer von der Haltestelle Ježica am Campingplatz bis zur Haltestelle Ajdovščina am sogenannten Wolkenkratzer kostet 1,50 €. Abgezähltes Geld hilft, weil der Fahrer nicht wechselt. Und dann sind wir mitten in der City von Ljubljana. Und fast augenblicklich zieht uns diese Stadt in ihren Bann.

LjubljanaVor Ljubljanaüber 2000 Jahren von illyrischen Siedlern unter dem Namen Emona gegründet, wurde sie von Attila, dem Hunnenkönig, während der Völkerwanderung dem Erdboden gleichgemacht. Im 7. Jh. bauten die inzwischen hier ansässigen Slowenen an gleicher Stelle eine neue Siedlung auf und nannten sie Lubiana, was von ljubezen kommt und Liebe bedeutet. Und die Liebe zu dieser Stadt ergreift uns augenblicklich und lässt uns nicht mehr los. Über sechs Jahrhunderte regierten dann in Laibach die Habsburger und hinterließen Baudenkmäler in allen Stilepochen, vor allem aber dominiert Ljubljanadas Barock und der Jugendstil, der dann auch das Fin de siècle der Habsburger markierte. So alt Ljubljana ist, so jung ist es geblieben, überall junge Leute, Studenten und Musikanten, die das musikalische Erbe von Paganini, Brahms und Mahler auf der Straße fortleben lassen. Straßencafés und überall Kneipen entlang der Ljublianca, die sich in großem Bogen durch die Stadt zieht. Viel ist hier restauriert und Ljubljanageschmackvoll erhalten, nirgendwo stolpert man gleich hinter dem Stadtkern über die üblichen vernachlässigten Stadtteile mit abgeblätterten Fassaden, heruntergelassenen und verrosteten Rollos sowie toten Fensterlöchern.Ljubljana Und über all dem thront Ljubljanski grad, die alte Burg aus dem 15. und 16. Jh. Dort hinauf schaffen wir es heute nicht, vor allem, weil wir ständig von neuen Eindrücken überwältigt werden und kaum schneller als vier Schnecken vorankommen. Der Chronist weiß nicht viel, aber dass er Ljubljana nicht zum letzten Mal gesehen hat, das weiß er sicher. Schon dieser Stadtrundgang rechtfertigt die Reise nach Slowenien. Und da stören auch der Wind und die Wolken nicht, die uns bei rund 19 °C begleiten.  

Um 19:15 Uhr sind wir wieder zurück am Campingplatz, wo die "Amis" gerade in beste Feierlaune kommen. Wir begeben uns hingegen ins hauseigene Restaurant und bestellen je eine slowenische Fleischplatte für zwei Personen. Die Küche ist handelsüblicher Durchschnitt, nicht für Lobeshymnen gemacht, aber tadellos für den Hausgebrauch. Die Fleischberge sind allerdings sehr landestypisch, was bedeutet, dass man nach dieser Portion eigentlich für den Rest der Woche kein Fleisch mehr braucht (was sich am Samstag leichten Herzens postulieren lässt). Das Gerücht, das Ljubljana-Resort-Fleisch wäre etwas zäh, lässt sich jedoch nicht halten, sondern ist auf unseren Mitreisenden Klaus zurückzuführen, weil just an diesem Samstagabend der FC Bayern das Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt mit 1:3 in den Sand setzt. Unter solchen Umständen trocknet die Mundhöhle des Fans so aus, dass noch aus dem zartesten Lendchen ein Beef Jerky wird. Wir versuchen noch, der notleidenden Stimmung mit dem einen oder anderen Absacker vor unseren Wohnmöbeln entgegenzuwirken und verschwinden gegen 23:30 Uhr in unseren Schlafhöhlen.

 

Pfingstsonntag, 20. Mai 2018

Ljubljana ResortAufgeräumtes Ljubljana ResortDer Pfingstsonntag beginnt bei uns um 7:45 Uhr mit bewölkten 13 °C. Und der Gang zu den Duschen haut uns wirklich um: Trotz der gestrigen Feierlichkeiten mit ein paar hundert Menschen, sind die Sanitäranlagen in ausgezeichnetem Zustand. Entweder sind die slowenischen „Amis“ aus einem besonderen, möglicherweise ererbten k. u. k.-Holz geschnitzt, oder die Betreiber der Anlage haben heute schon eine sehr frühe Frühschicht eingelegt. Da der Festplatz und das Übernachtungsareal nahezu geräumt sind, vermuten wir, dass die meisten noch nachts abgereist sind. Wir sind jedenfalls schwer beeindruckt, wie wir dem Platz auch sonst nichts Schlechtes nachsagen können. Die Sanitäranlagen sind ein wenig in die Jahre gekommen, aber in Ordnung. Der Platz selbst ist geräumig und teilweise ohne Schatten. Das Personal ist freundlich, das Restaurant hat keine Sterneküche, aber das, was man von der Balkanküche gemeinhin kennt. Die Anbindung an den Bus Nr. 6 bringt uns schnell in die City und wieder zurück. Nur die direkte Umgebung ist das, was man gerne als Glasscherbenviertel bezeichnet. Für die Nacht bezahlen wir 28,90 € plus 2,50 Touristentaxe und - man lernt immer wieder dazu – 1,20 € für die Registrierung.

route 4 ljubljana maribor kFahrtstrecke Ljubljana – Maribor

Camping KekecCamping Kekec in MariborUm 11 Uhr verlassen wir das Camping Resort Ljubljana mit der Gewissheit auf ein baldiges Wiedersehen und setzen uns auf die A 1 in Richtung Maribor. Nach 125 Kilometer treffen wir um 12:40 Uhr im Camping Kekec, zu Füßen des Pohorje-Gebirges, ein [N 46° 32‘ 03,5‘‘  E 015° 36‘ 03,3‘‘]. Der Platz bietet dreißig gekieste Plätze für Womos und Caravans (und eine große Rasenfläche für Zeltliebhaber), mit vielen jungen Bäumen, weswegen derzeit der Schatten noch spärlich ist. Die Stellplätze haben Strom und Wasser, alles ist sehr sauber und gepflegt. Wer möchte, kann sich Fahrräder leihen, und für den Camperhaushalt gibt es Waschmaschinen und Kühlschränke. Bei unserer Ankunft sind wir die einzigen Besucher, was bedeutet, dass uns das hier alles gehört; wir steh‘n auf unserer Womos Zinnen und blicken mit vergnügten Sinnen auf das beherrschte Marburg hin. Seinen Schiller hat man halt immer im Gepäck, und der Alte spielt sich immer auf, als ob ein Leben ohne ihn nicht möglich wäre.

PohorjeWandertag auf dem PohorjeKurz vor 14 Uhr marschieren wir alle zusammen die rund 600 Meter zur Gondelbahn auf den Pohorje; für uns kostet die Berg- und Talfahrt je 12 €, die Hunde sind frei. 700 Höhenmeter sind es hinauf zur Bergstation, von wo aus wir uns auf einen Rundgang begeben. Hier oben trübt sich der gute Eindruck, den der Campingplatz unten macht, massiv ein, wofür der Platzbetreiber natürlich nicht verantwortlich ist: Die Auszeichnung der Wanderwege ist nämlich, sagenPohorjeBlick vom Pohorje auf Maribor wir es freundlich, verbesserungsfähig. Eineinhalb Stunden und rund fünf Kilometer irren und stapfen wir durchs Gelände, stolpern über Pisten, die im Winter für Slalom- und Riesenslalomwettbewerbe des Damenweltcups vorgesehen, im Sommer aber eher unzugänglich sind, steigen über Zäune und springen über morastige Quellbäche. Aber: Mit dem Smartphone in der Hand, kommt man auch durch fremdes Land. Diese Erfahrung machen wir heute nicht zum ersten Mal. Und selbst der Handy-Skeptiker muss hier einmal ein uneingeschränktes Lob aussprechen; so eine Alltagsnervensäge hat beizeiten seine unleugbaren Vorteile.

Gegen 16 Uhr sind wir wieder zurück und finden jetzt einen gut besuchten Platz vor. Hätte uns auch gewundert, wenn dieses Kleinod nicht hinreichend bekannt wäre. Wir füllen unsere geräuberten Energiespeicher mit Zuckerbäckereien. Anschließend erholen wir uns von den Strapazen unserer Pohorje-Expedition. Damit nicht der ganz große Schlendrian einzieht, darf Fianna auf einem benachbarten Wiesengrundstück eine Lockerungsfährte suchen, während der Chauffeur im Fernsehen die Pokalfeierlichkeiten von Eintracht Frankfurt verfolgt, um sie später seinem geknickten Bayern-Freund und Womo-Nachbarn in allen Einzelheiten schildern zu können.

Die Kalorienversorgung übernimmt heute der Omnia, jenes Zaubergeschirr, das in keinem Camperhaushalt fehlen sollte, und serviert den Reisenden eine Pizza Calzone. Bevor die frische und feuchte Kälte der hereinbrechenden Nacht die Reisenden in ihre Stuben treibt, macht sich der Chauffeur nützlich, indem er das Geschirr in der Spülküche einer gründlichen Reinigung unterzieht. Das wäre für sich betrachtet kein Anlass, gesondert erwähnt zu werden, denn auch Chauffeure sehen sich aus sozialhygienischen Gründen manchmal genötigt, für ihren Berufsstand artfremde Tätigkeiten zu verrichten – wenn nicht bei seiner Rückkehr hektische Aufregung rund um unsere zwei Wohnmöbel herrschen würde. Die Reiseleiterin berichtet von einem verschlossenen und unzugänglichen Franz II! Beim Verlassen des Franz habe sie den Schließhebel der Aufbautür versehentlich gedrückt und nun sei aus dem freundlichen Franz eine Franzensfeste geworden, verschlossen wie eine Auster. Jetzt, so ist zu hören, seien die erweiterten Kompetenzen eines Chauffeurs gefragt, bevor man notgedrungen eine russische Knackerbande engagieren müsse. Jetzt gilt es: Brust raus und den Stier bei den Hörnern gepackt und Franzens Schwachstelle ausfindig machen. Fahrertür verschlossen. Beifahrertür verschlossen. Aufbautür verriegelt. Dachluken von außen kaum zu öffnen, es sei denn mit Gewalt und weitreichenden Folgen. Garagentür rechts ordnungsgemäß verschlossen. Garagentür links: unverschlossen. Gegen jegliche Hausordnung für jedermann zugänglich! Jetzt hat er verloren, der halbherzig unzugängliche Franz. In der Garage befinden sich nämlich zwei Öffnungen zum Innenraum, die eine ist der Zugang zum Unterflur-Werkzeugfach und die andere führt direkt ins Schlafzimmer. So fummelt sich der Chauffeur aus dem Werkzeugfach einen Schraubenzieher, mit dem er die Scharniere des Schlafzimmerschlupfs abschraubt. Und schon liegt ihm die Tür zu Füßen, und er kann sich durch den Schlupf in den Franz zwängen und die Haustür öffnen. So viele rollende Herzsteine an einem Pfingstsonntagabend erlebt man selten. Die Dankbarkeit der Reisebegleitung erfolgt in gemessenem Abstand. Aber der Chauffeur weiß um seine Bedeutung – und schraubt die Scharniere der Schlafzimmerluke wieder an; completet staffwork kommt vor der Heiligsprechung. Mit der Bedeutung und der Erhebung in den Heiligenstand ist das jedoch so eine Sache in einer säkularen Welt. Wenn es je soweit käme, dann vielleicht längstens bis morgen Früh. Wahrscheinlich aber nur bis sich die Augen der Reiseleiterin für heute schließen. Moderne Helden müssen mindestens 3000 Jahre werden, bevor sie ins Pantheon Eingang finden.

Um 22:15 Uhr weicht die Aufregung der Erleichterung und treibt uns alle ins Bett. Und damit findet auch der große Tag des Chauffeurs ein triviales Ende.

 

Pfingstmontag, 21. Mai 2018

Der Tag beginnt für den Chauffeur um 8:15 Uhr, da haben Hedda und ihre Leinenhalterin schon eine Fährte hinter sich gebracht. Der Himmel über Camping Kekec ist wolkenlos und das Thermometer zeigt 17 °C. Nach dem Frühstück steht gegen 10 Uhr die Besichtigung Maribors auf dem Programm, das heute, wie in vielen Ländern üblich, keinen Feiertag kennt.

Vom Campingplatz in die Stadtmitte sind es etwa vier Kilometer Luftlinie, die man am besten mit dem Bus Nr. 6 überbrückt (offenbar sind die Campingplätze in Slowenien immer mit dem Sechser-Bus an die City angebunden). Der Bus fährt an der Pohorje-Talstation los, die wir ja von gestern schon kennen, und man tut gut daran, auch dort die Tickets zu kaufen; hier kosten sie 0,80 € pro Person und Fahrt, im Bus bezahlt man 2 €. Wir lösen also acht Tickets für die Hin- und Rückfahrt (die Hunde bewachen unsere Eigenheime) und lassen uns in die City bringen. Es ist erstaunlich, wie lange man für vier Kilometer Luftlinie brauchen kann, wenn man nicht fliegt, sondern das Ziel in mäandernden Kurven ansteuert und dabei noch an jedem Hundstrümmerl anhält. Doch auch diese Fahrt hat ein Ziel und ein Ende, und wir machen uns daran, Maribor in Augenschein zu nehmen.

MariborMMariboraribor gründet sich auf die Ende des 11. Jh. zum Schutz gegen die Ungarn erbaute Marchburch, die ihr später den deutschen Namen Marburg einbrachte. Ende des 12. Jh. fällt sie an die Habsburger und wird vor allem durch den Weinanbau und -handel wohlhabend. Ihren wirtschaftlichen Niedergang erlebt sie, als Ende des 15. Jh. die Juden aus der Stadt vertrieben werden. Die Türken nehmen die Stadt im 15. und 16. Jh. mehrmals ein und mit der Pest verliert sie 1680 den Großteil ihrer Bevölkerung. Mit dem Ende der Donaumonarchie kommt Maribor dann zu Jugoslawien. Diese Stadtgeschichte scheint wie Mariborein weißes Kapitulationstuch aus allen Fenstern zu hängen. Obwohl sie so viel jünger ist als Ljubljana, wirkt sie auf uns verbraucht und ältlich wie eine aus der Zeit gefallene Diva, die ihre besten Jahre längst hinter sich hat, sich aber müht, doch noch irgendwo ein Engagement zu bekommen. Es ist viel restauriert worden in Maribor und es wird noch immer restauriert, aber es will sich einfach kein frischer und Mariborjugendlicher Eindruck mehr einstellen. Wo in Ljubljana entlang der Ljublianka Kneipen, Cafés und Freisitze zum Verweilen einladen, ist die Drava (Drau) in Maribor immer noch ein Lastenmuli. Wo junge Leute in Ljubljana ein quirlige und vor Leben sprühende Stimmung erzeugen, bietet sichMaribor Maribor den Touristen an. Die knapp 112.000 Einwohner (die zweitgrößte Stadt nach Ljubljana) sind allerdings ebenso freundlich wie die in Ljubljana. An ihnen liegt es sicher nicht, dass die Stadt ihr morbides Erscheinungsbild nicht los wird. Der angeblich älteste tragende Weinstock der Welt, Stara Trta, ist sicher ein recht untauglicher Versuch, der Stadt die Last der Vergänglichkeit zu nehmen und ihr einen frischen Teint zu verleihen. Allerdings könnte dieser Weinstock eine Art Symbol für Maribor sein: 400 Jahre wird er gehegt und gepflegt, seine Wurzeln werden von schmiedeeisernen Gittern geschützt, die ganze Rebe ist vielfach abgestützt, damit Die älteste Rebe der WeltDie älteste Rebe der Weltsie nicht unter der Last ihres Alters zusammenstürzt, aber so richtig viel bringt sie nicht mehr hervor: 55 kg Trauben der Sorte Blauer Kölner werden nach dem Keltern zu etwa 25 Litern Rotwein in 2,5-cl-Fläschen abgefüllt und mit Urkunde und Seriennummer versehen. So wird aus feinem Wein eine behütete Kostbarkeit; nutzbarer und genießbarer Wein entsteht aus den Abkömmlingen dieser alten Rebe. Sie selbst ist eigentlich nur ein Museumsstück. Wie Maribor.

Gegen Ende unseres Rundgangs tun wir das in Maribor Unvermeidliche: Wir machen eine Weinprobe im Weinkeller der Vinag, am Platz Svoboda (Trg svobode), unter dem auf rund 20.000 m2 unzählige Flaschen Wein lagern. Wir süffeln uns durch weiße und rote Schätze des Hauses, spitzen die Lippen, runzeln die Stirne abschätzig oder andächtig, sortieren aus und wägen ab und treffen schließlich WeinprobeWeinprobeunsere Wahl.WeinprobeReichlich Beute Doch bevor wir uns mit dem Weinhändler handelseinig werden, ist die alles entscheidende Frage zu klären: Wie kommen Weinkisten im Wert von 300 € von der Innenstadt zum Campingplatz? Mit dem Bus sicher nicht. Natürlich sind wir nicht die ersten Touristen, die hier vor dem gleichen Problem stehen, und so verspricht uns der Vinothekar, den Wein noch heute „zum Kekec, alter Freund von mir“ zu liefern. Wir zücken die Kreditkarte und sind voller Vertrauen auf die Seriosität eines renommierten Weinhauses, das sich eine schlechte Presse nicht leisten kann. Aber wir leisten uns in der Pekarna noch ein paar süße Stückchen und lassen uns wieder mit dem Bus zur Pohorje-Gondel chauffieren.

Um viertel nach eins sind wir wieder bei unseren Wächterinnen; es ist bei einem zwischen Sonne und Wolken schwankenden Himmel dampfig wie in einer Sauna bei 22 °C. Den Nachmittag verbringen wir bei lesen, dösen, planen und dem Verzehr des umwerfenden Käsekuchens aus der Bäckerei.

Um Maribor17:15 Uhr führen wir die Hunde für eine halbe Stunde rund um den Campingplatz und kurz vor 19 Uhr versammeln wir uns bei einem Duo aus Penne Arrabbiata und Penne mit Lachs-Sahne-Soße. Und um 19:30 Uhr steht der Vinothekar vor der Tür und liefert die geistige Nahrung. Alles perfekt in Maribor. Nur Maribor selber ist halt doch ein bisschen defekt.

Dennoch werden wir Maribor als eine Art Gesamtkunstwerk in guter Erinnerung behalten (Camping Kekec sowieso) und begeben uns gegen 22 Uhr ins Bett, weil es draußen schon richtig frisch wird.

 

Dienstag, 22. Mai 2018

Ptuj. Der sehenswerte Ort an der Drava ist Sloweniens älteste Stadt. Ptuj (Pettau) konkurrierte lange mit Maribor, hat seine wirtschaftliche Blütezeit aber lange hinter sich…. Diese Sätze aus dem Reiseführer der Reiseleiterin muss es gewesen sein, der das Interesse der Reisegruppe auf Ptuj lenkte. Dem Chauffeur war die wirtschaftlich abgelaufene Blütezeit Maribors eigentlich schon genug und er wollte nicht so recht einsehen, warum er eine Stadt besuchen sollte, die im Wettlauf mit Maribor in dieser Hinsicht sogar noch unterlegen war. Aber Schwamm drüber: Reiseleiter ist Reiseleiter und Chauffeur ist Chauffeur.

Doch noch ist es nicht soweit.

Um 7:15 Uhr beginnt der Tag bei wolkenlosen 15 °C mit einer Fährte für Fianna. Dann gibt es Frühstück, wir ent- und versorgen die Womos und begleichen unsere Schuld bei Kekec: 39 €, die aber nur in bar, was auch nicht schlimm ist, wenn man es weiß. Dem sehr positiven Eindruck dieses Platzes tut das keinen Abbruch. Bei den Betrachtungen zu diesem Campingplatz geht dem Chronisten die Frage nicht aus dem Kopf, ob sich der Betreiber, Bernhard Kekec, einen Künstlernamen zugelegt hat oder ob er tatsächlich ein lebender Nachfahre jener slowenischen Märchenfigur Kekec ist, jenem Hirtenjungen, der in der Bergwelt lebt und sich mit Mut und Schläue aus allerlei misslichen Situationen befreit. Wir fragen nicht nach, sondern machen uns auf die Reise. Nach Ptuj.

Nachdem wir uns um 10:15 Uhr verabschiedet haben, stehen wir gleich in einem innerstädtischen Stau: Blockabfertigung wegen Baustelle. Als wir den hinter uns gebracht haben, steht noch ein Einkaufsstopp im Supermarkt an. Und dann geht es um 11:10 Uhr weiter. Und schon eine halbe Stunde und 35 Kilometer später sind wir in Ptuj, der ältesten Stadt Sloweniens. Wir steuern den Womo-Stellplatz an, der direkt an der Drava und nur wenige Gehminuten vom Zentrum Ptujs entfernt gelegen ist (N 46° 24‘ 59,7‘‘  E 015° 51‘ 59,8‘‘). Dieser Stellplatz hat einen erwähnenswerten Nachteil: Er ist ratzvoll. Der Chauffeur empfiehlt, sich nach einer anderen Lagerstätte umzusehen, kann ja so schwer nicht sein, höchstens ein paar Meter mehr zu laufen, aber die Reiseleitung besteht auf ihre Wahl. Auf der Busspur, so argumentiert sie, sei noch genug Platz. Also packen wir uns hintereinander auf die Busspur und machen uns auf den Weg.

PtujPtujBevor wir die reiche Geschichte Ptujs und seine vielbesungene Altstadt auf uns wirken lassen, halten wir inne und werfen einen Blick auf ihre Geschichte. Die ersten Funde reichen bis ins zweite Jahrtausend vor Christus zurück. Dann kommen die Kelten, und Kaiser Augustus gründet einen Militärposten mit Name Poetovio. Tacitus ist der Erste, der die Siedlung 102 n. Chr. erwähnt. Als es mit den Römern bergab geht, kommen die Ostgoten und machen alles platt, später siedeln die Slawen an dieser verlassenen Stätte. Im 9. Jh. übernehmen die Salzburger Erzbischöfe die Regie und setzen die Herren von Pettau als Statthalter ein. So entsteht der Name Pettau, aus dem später Ptuj wird. 1250 erhält der Ort die Stadtrechte, der Handel floriert und es entstehen Befestigungsanlagen. Nun kommen auch die Dominikaner und Minoriten, gründen Klöster und vergrößern die Stadt dadurch ganz erheblich. Und dann besetzen die Ungarn die Stadt, die erst Ende des 15. Jh. von Kaiser Maximilian wieder befreit wird. Aber Ruhe bekommt sie immer noch nicht. Nun setzen ihr ständig die Türken zu, die sie zwar nie erobern können, aber so beschäftigen, dass Handel und Wandel fast völlig zum Erliegen kommen. Nachdem die Ungarn vertrieben sind, berappelt sich die Stadt zwar wieder, erfährt aber den finalen Stoß, als im 19. Jh. sowohl die Bundesstraße als auch die Südbahn von Wien nach Triest an ihr vorbei gebaut wird. Da ist es dann vorbei mit der historischen Pracht und Herrlichkeit und übrig bleibt eine Provinzstadt mit verblasstem Glanz und verhallter Gloria. Das also wollen wir uns heute zu Gemüte führen.

PtujAls wir Ptujuns aufmachen, die Stadt über die Fußgängerbrücke über die Drau zu erobern, geschieht das  bei 21 °C und einem drohend bewölkten Himmel. Jenseits der Brücke sind es vermutlich immer noch 21 °C, die aber bereits garniert mit ersten Regentropfen. Und ehe wir das Zentrum der Altstadt erreichen, regnet es, und zwar richtig. Die unterschiedlichen Wetter-Apps der Reisegruppe verlautbaren: heiter-wolkig: Fake-News überall auf der Welt. Wir schauen uns dennoch ein wenig um, der Chauffeur mit wolkigem Gemüt, der Rest beschirmt, aber in steter Hoffnung, dass sich die Wetter-Apps in Kürze gegen das himmlische Wetter-Regime durchsetzen werden. Was wir sehen, ist relativ viel verblasster Glanz und wenig Gloria, was fairerweise auch dem Sauwetter angerechnet werden muss und der ptuj 5 kSelbstportrait des Verfassers bei der Besichtigung von PtujMittagszeit, in der viele Städte etwas leblos wirken. Wir unterlassen es deshalb ausdrücklich, eine weitere Bewertung Ptujs abzugeben, weil sie einfach nicht seriös ausfallen kann. Um 12:30 Uhr, bei anhaltendem Regen und düsterem Himmel, setzt sich die Erkenntnis durch, dass es die digitalen Wetterfrösche mit den himmlischen nicht aufnehmen können, und wir machen uns auf den Rückzug, ohne zu wissen, ob Ptuj nun eine Reise wert ist oder nicht.

Als PtujÖsterreichisches Konklavewir bei unseren Womos ankommen, sind wir von zwei österreichischen Bussen komplett eingeparkt. Und deren Besatzung ist ausgeflogen. Die Busfahrer schlafen vermutlich in ihrem Bus und denken nicht daran, sich auf unser Klopfen bemerkbar zu machen. Vermutlich haben sie einen Höllenspaß daran, uns die Partie zu versauern. Die Stirn des Chauffeurs bewölkt sich weiter und er verweist auf uralte Wahrheiten der Weltgeschichte: Cäsar wusste schon, warum er daneben schiffte, als er sah, dass der Hafen voll war! In eine so plumpe Falle wäre der niemals getappt. Aber wir sitzen nun drinnen, angewiesen auf die Gnade von Busfahrern, österreichischen Busfahrern zumal. Der Chauffeur verschwindet in seinem Bett und tut es seinen österreichischen Kollegen gleich.

PtujEin letzter Blick auf Ptuj und seine BurgUm 13 Uhr hört der Regen auf, und weil noch immer kein Österreicher weit und breit zu sehen ist, beschließen wir, uns ein wenig die Füße zu vertreten. Von einem neuerlichen Angriff auf die Altstadt sehen wir aber ab, weil wir nicht riskieren wollen, die Abfahrt der Busse zu verpassen und gleich von den nächsten eingemauert zu werden. Wir schlendern also auf unserer Seite der Drava ein wenig in Richtung Norden, genießen den Blick auf die umwölkte Burg, die über der Stadt thront und lassen unseren drei Pelzträgerinnen Freilauf, sonst behalten die Ptuj gar noch als Pfui in Erinnerungen. Das hätte das Städtchen mitsamt seinen 18.000 Einwohnern nicht verdient. Jetzt dampft es aber sehr kräftig unter dem erblauten Himmel und bei 24 °C, dass sogar die Vierläufigen die Zunge heraushängen. Also wieder zurück, wo wir um 13:30 Uhr schon wieder zurück sind. Aber an der Österreicher-Front bewegt sich noch immer nichts, außer der beiden Fahrer, die jedoch bedauerlicherweise keine Möglichkeit sehen, ihre Busse ein wenig zu rangieren; Gesetz ist Gesetz, und wenn sie zehn Meter weiter hinten parkieren, würden sie riskieren, dass ihre Reisegruppe sie nicht mehr findet. Der Chauffeur überlässt aus gutem Grund die Verhandlungen seinen Mitreisenden. Ritualmorde passen nicht in die Pfingstferien, an denen doch der Herr die Völkerverständigung ausgerufen hat: Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker… Da gab es die Österreicher aber noch nicht, und das bekommen wir jetzt zu spüren.

Um 14:15 Uhr sind dann tatsächlich alle Österreicher von ihrer Mittagsjause zurück und reisen ab. Und blitzschnell sind wir hinter ihnen auch auf und davon.

JeruzalemZiemlich genau eine Stunde und 35 Kilometer später stranden wir in Jeruzalem, einem winzigen Weinbauflecken im äußersten Osten, nahe der Grenze zu Kroatien, dem die Kreuzritter im 12. Jh. seinen Namen gegeben haben. Jeruzalem wird von wenig mehr als 30 Menschen bewohnt, ist aber eine Perle des Weinbaus, was bei 250 Sonnentagen im Jahr kein Wunder ist. Hier werden in einer nach allen Seiten dahinfließenden Landschaft aus sanft rollenden Hügeln Chardonnay, Welschriesling, Gelber Muskateller, Muskat Ottonel, Pinot Gris und der typische Šipon in hoher Qualität angebaut. Für die Wohnmobilisten steht, wie für alle anderen Besucher, ein Parkplatz in der Ortsmitte zur Verfügung, ohne alles natürlich, wie Parkplätze eben so sind [N 46° 28' 34''  E 016° 11' 14'']. Von dort hat man einen berauschenden Blick über die Weinberge und ist mitten im Geschehen. Außer uns ist nur noch ein deutscher VW-Bus da; von einer Reise nach Jerusalem und dem dazugehörigen Kampf um einen Hocker kann also keine Rede sein.

Fahrtstrecke Maribor - JeruzalemFahrtstrecke Maribor – Ptuj – Jeruzalem

Jeruzalem69 JeruzalemKilometer sind wir heute insgesamt gefahren, und viel bewegt haben wir uns auch noch nicht. Also geht es zum Beinevertreten bei sonnig-wolkigen 23 °C hinaus in die Weinberge. Es ist ziemlich gewittrig, weshalb uns die Vernunft bald wieder den Rückzug antreten lässt, sodass wir schon um 16 Uhr wieder zurück sind. Eigentlich wollten wir in der gleich auf der anderen Straßenseite liegenden Vinothek, die der Touristeninfo angeschlossen ist, ein Schlückchen zu uns nehmen, warten aber erst einmal ab, was das Wetter vorhat. Nach einer Phase entschlusslosen Herumlungerns raffen wir uns doch auf hinüberzugehen, nur um enttäuscht festzustellen, dass die TI nun geschlossen hat. Aber was wäre das für ein Weinbauort, wo JeruzalemHappy Hour im Hotel Dvorez Jeruzalemman auf eine TI angewiesen wäre, um die lokalen Erzeugnisse verkosten zu können. Nur einen Hopser neben der TI präsentiert sich das Hotel Dvorec Jeruzalem mit einer gähnend leeren Terrasse. Wir nehmen Platz, und flugs kommt ein einfühlsamer Kellner und berät uns bezüglich des für diese Tageszeit angemessenen Weins. Mit dem Wein kommen auch sogleich die Rechnung und die Erklärung: Wir machen jetzt bis abends zu. So schaut dann eine direkt nach uns eintreffende kleine Touristengruppe durstig in die Röhre und wir prosten ihnen freundlich, aber nicht ohne ein klein wenig Schadenfreude zu. Damit hat es sich dann aber ziemlich schnell, denn nun hat der Himmel genug von der Gockelei und schickt uns in die Womos; Gewitter, Platzregen, gerade noch Zeit, die Flasche zu leeren. Und dann wird wieder einmal horizontal abgewettert.

JeruzalemUnter den Lauben von Brenholc lässt es sich gut lebenEin Weinort, in dem es nichts außer einer Touristeninfo und einem Hotel gibt, ist undenkbar, auch wenn er noch so klein ist. Und das gilt auch für Jeruzalem, in dem nahezu jeder Weinbauer auch eine Gaststäte ist oder zumindest die Möglichkeit für einen Imbiss bietet. Wir bummeln gegen 19 Uhr die Hauptstraße südlich und kehren im Restaurant Brenholc ein. Außer einiger Fahrradtouristen, die auch Hausgäste sind, sind wir alleine hier. Auf der Terrasse rubbeln wir uns einen Tisch und zwei Sitzbänke vom Gewitterregen trocken und lassen uns unter mächtigen Weinspalieren nieder. Weit hinaus gleitet der Blick über die Weinberge bis Jeruzalemhinüber zum kroatischen Varaždin. Ringsum türmen sich noch die Wolkenberge des erschöpften Gewitters, haben aber ihren Schrecken längst verloren. Sie hindern uns nicht daran, mit Genuss der slowenischen Landküche zuzusprechen: Dreimal Wildschweinfilet und einmal Lammcarrée kommen auf den Tisch, dazu ein herzhafter Šipon, und alles schmiegt sich harmonisch über unsere Zungen und in unsere Mägen. Während wir dem Mahl noch mit kleineren Nachspeisen und Espressi die verdienten Schlusssteine einfügen, färbt sich der Himmel über Jeruzalem türkis und rosa, und es macht sich das Gefühl breit, dass hier, im äußersten Nordosten Sloweniens, die Welt zu Ende ist.

Um 21 Uhr sind wir wieder in unseren Womos, und es hat noch immer feuchte 22 °C. Es gibt nichts mehr zu tun, es ist alles getan und gefühlt. Wir lassen Jeruzalem in unsere Herzen sinken.

 

Mittwoch, 23. Mai 2018

Jeruzalem im MorgennebelJeruzalem im MorgennebelNebelFährten in den WeinbergenFährtenarbeit in den Weinbergen hängen über den Weinbergen von Jeruzalem, darüber ziehen noch versprengte Nachzügler der gestrigen Regenwolken herum, aber es hat morgens um sieben schon 7 °C; insgesamt ist die Welt also sehr in Ordnung. Fianna und Hedda dürfen noch vor dem Frühstück in den Weinbergen Fährten suchen, während der Chauffeur dem Franz II einen Innenputz angedeihen lässt, weil wir ihm mit dem Regen viel Feuchtigkeit, Dreck und Kiesel in die gute Stube getragen haben.

Während sich gegen halb neun die Nebelschwaden lichten, gibt die Klopumpe wieder einmal ihren Geist auf, das heißt nicht, dass sie die Dienste verweigert, im Gegenteil: Sie pumpt ohne Unterlass. Das Problem hatten wir schon zweimal, beide Male waren wir zugegen und konnten somit verhindern, dass uns rund hundert Liter Frischwasser in den Franz gespült werden, was selbst für eine pingelige Morgeneinigung zu viel wäre. Die Spülung wurde auch schon vom Händler repariert, jedenfalls wurde das behauptet, aber nun summt sie wieder wie eine Besessene und schaufelt Wasser in die Kloschüssel. Und wieder sind wir da und zum Glück gerade nicht auf Sightseeing. Wir trennen die Steckverbindung und drehen ihr so den Saft ab. Zukünftig müssen wir als bei jedem Klogang wieder verbindend tätig werden, wenn wir spülen wollen. Man ahnt ja nur, wie viele sensible Teile in einem solchen Mobil verbaut sind, und gewiss kann man heutzutage davon ausgehen, dass es sich bei ihnen vornehmlich um chinesischen Billigschrott handelt. Die explodierende Nachfrage nach Wohnmobilen und der knallharte Konkurrenzdruck sorgen auf diese Weise für drastische Qualitätseinbußen und Dauerärger beim Kunden.   

Nach dem Frühstück kaufen wir bei Brenholc noch Wein ein und nehmen gerne die Einladung an, beim nächsten Besuch den Franz auf dem brennhölzernen Grundstück abzustellen, Strom inklusive. Nett sind die Leute hier in Jeruzalem, freundlich und entspannt. Schön, dass das offenbar für ganz Slowenien gilt, zumindest für jenes Slowenien, was wir bisher gesehen haben.

Nun gilt es für die zwei verbleibenden Tage, die unseren drei Begleitern noch bleiben, einen geeigneten Reiseplan auszubaldowern, was nicht so ganz einfach ist, wenn noch drei Bedingungen zu erfüllen sind: die Karsthöhle von Postojna, das Gestüt von Lipica, das für Pferdenarren unverhandelbar ist und ein Blick aufs blaue Mittelmeer. Vorteil: Alles liegt im Westen Sloweniens nahe zusammen. Also weht der Reisewind heute stramm westwärts. Auf Wiedersehen, Jeruzalem, sollte uns sehr wundern, wenn es unsere einzige Begegnung bleiben würde.

Um 9:25 Uhr verlassen wir Jeruzalem bei bewölkten und nebligen 21 °C auf direktem Weg in Richtung Westen, denn Zeit haben wir nicht zu verlieren, wenn wir die drei Wünsche unserer Begleiter noch erfüllen wollen. Nach 239 km stellen wir die Wohnmobile um 12:15 Uhr auf dem Besucherparkplatz der Höhlen von Postojna ab [N 45° 46' 52''  E 014° 12' 9''].  Wir machen uns sofort zur Besichtigung der Höhle auf. Der Eintritt ins Höhlenlabyrinth und Vivarium mit den Grottenolmen beträgt pro Person 32 €. Und das ist, wie sich bald herausstellen soll, die Sache wert.

PostojnaIn das dinarische PostojnaGebirge hat das Wasser in Jahrmillionen ein riesiges Höhlensystem geschwemmt. Die größte Höhle ist die von Postojna (Postojnska jama), und sie ist die zweitgrößte Höhle der Welt. Über 20 Kilometer windet sich ihr bislang erforschter Teil durch den Karst. Wir fahren mit der Höhlenbahn tief ins Innere des Gebirges und lassen uns mit rund hundert anderen von einem Führer etwa 90 Minuten durch diese Wunderwelt mit konstanten 10 °C geleiten. Was wir sehen, macht uns sprachlos: riesige Stalagmiten, wie etwa der fünf Meter hohe „Brillant“ oder die tausend feinen Stalaktiten, die wie Brüsseler Spitzen von der Höhlendecke hängen. Der „Konzertsaal“ misst 3.000 Kubikmeter und bietet Platz für 10.000 Besucher. In ihm haben schon die Größten der Klassikbranche Konzerte gegeben, und solche Konzerte finden auch derzeit immer wieder statt. Das Eröffnungsspiel der Handball-Weltmeisterschaft 2009 in Kroatien wurde hier unten gespielt. Und natürlich setzt auch die Filmbranche auf die Postojnaspektakulären Höhlenbilder, so fanden hier unten in den 1960er-Jahren Dreharbeiten zu den Kinofilmen Winnetou 2 und Die Nibelungen statt. Am Ende des Spaziergangs durch die Unterwelt des Karsts bleibt neben all den spektakulären Bildern vor allem eines: Demut vor der Größe der Natur; selbst Gaudís „Sagrada Familia“ in Barcelona ist angesichts dieses unterirdischen Feuerwerks an Formen bestenfalls Zeugnis des Scheiterns eines Genies.

Unseren Rundgang beschließen wir im Vivarium mit dem Besuch eines der urtümlichsten und unerforschtesten Tiere überhaupt, dem Grottenolm, der in der ewigen Finsternis des Karsts zuhause ist. Erstaunlich viele Arten leben unter diesen unwirtlichen Bedingungen, vor allem allerlei an die Finsternis angepasste Insekten und Spinnentiere, die erstaunlichste ist allerdings der hier endemische Grottenolm. Seine Haut ist alabasterweiß und würde beim ersten Kontakt mit dem Tageslicht sofort Proteusverbrennen. Er hat keine Augen, dafür einen exzellenten Geruchssinn und Hautrezeptoren, die jede noch so geringe Bewegung registrieren. So ausgerüstet, ist er selbst in absoluter Dunkelheit ein höchst effizienter Jäger. Bleibt die Beute aus, kann der Grottenolm jedoch bis zu 12 Jahre ohne Nahrung überleben. Seine Lebenserwartung liegt bei hundert Jahren. Er wird bis zu 40 Zentimeter lang und atmet durch primitive Lungen und seinen rosaroten, außen liegenden Kiemenbüscheln. Nichts war allerdings bis vor kurzem über sein Liebesleben bekannt, das sich naturgemäß in völliger Finsternis abspielt. Doch 2016 konnte die Wissenschaft unter den Bedingungen des Vivariums von Postojna eine Sensation vermelden, als sie erstmals live und in Farbe die Ablage von 21 Eiern beobachten durfte und bald danach ebenso viele kleine Olme, die unter den Augen der Weltöffentlichkeit schlüpften.

Wir verlassen die Höhlen und den kleinen, weißen „Drachen“ um 15:15 Uhr und fahren nur fünf Kilometer weiter zum Campingplatz Pivka Jama [N 45° 48‘ 10,8‘‘  E 014° 12‘ 22,6‘‘]. Der Name des Platzes ist Programm: Pivka ist der Name des Flusses, der unter den Höhlen fließt und diese ausgegraben hat und jama bedeutet Höhle. Dieser Platz liegt also über diesem Camping Pivka JamaCamping Pivka Jamaausgedehnten Höhlensystem und hat etwas Verwunschenes. Die Stellplätze liegen wohlbeschattet unter Bäumen auf teilweise wilden Terrassen, auf die man sich bestenfalls mit einem Camper oder einem Zelt wagen sollte. Dazwischen öffnen sich hinter Gesträuch und Buschwerk immer wieder Erdlöcher, deren Ende man nur irgendwo in der Tiefe des Karsts ahnen kann. Das alles hat das Flair eines Abenteuerspielplatzes. Aber es gibt auch genügend Stellplätze für gestandene Wohnmobile und Caravans. Die Reiseleiterin sortiert diesen Platz schon bald nach unserer Ankunft zu ihren All-Time-Favoriten. Die Sanitäranlagen sind geräumig, nicht mehr ganz neu, aber sauber. Spannend ist die Aktivierung der Duschen durch Bewegungsmelder: Sobald man herantritt, braust das Wasser los und stoppt sofort, wenn man wegtritt. In der Konsequenz bedeutet das zwar einen sehr sparsamen Wasserverbrauch, aber auch, dass schon der erste unbedachte Schritt ein Fehltritt sein kann, dann nämlich, wenn man noch nicht ausgezogen ist… Für echte Wasserratten gibt es auch einen Pool, der aber noch nicht in Betrieb ist und gerade auf seinen Einsatz vorbereitet wird. 

Wir haben heute nichts mehr vor, weil wir genügend Eindrücke hinter uns haben. Wir lassen uns zu einem gemächlichen Kaffee mit süßen Stückchen nieder, an denen es in Slowenien ja nicht mangelt, führen die Hunde ein wenig durch diesen Märchenwald und werfen abends bei wolkigen und windigen 20 °C unsere Grills an, bis die Nacht ihren Samtmantel über uns wirft.

Fahrtstrecke Jeruzalem – PostojnaFahrtstrecke Jeruzalem – Postojna

 

 Donnerstag, 24. Mai 2018

Morgenspaziergang im ZauberwaldMorgenspaziergang im ZauberwaldGegen 4Camping Pivka JamaPivka Jama – ein spezieller und liebenswerter Campingplatz Uhr morgens zieht ein Regenband über Postojna und unseren Zauberwald, aber um 7:15 Uhr begrüßt uns ein fast wolkenloser Himmel bei 16 °C. Wir lassen die Hunde eine ausgiebige Runde sausen, frühstücken anschließend und lassen an der Rezeption 23,10 € liegen; Elektro, Touristentaxe und 10 % ACSI-Rabatt inbegriffen. Hunde sind frei im Zauberwald.

Dann geht es gute 40 Kilometer westwärts nach Lipica, wo wir um 10 Uhr ankommen, und ohne dessen Besuch eine Slowenienreise für Pferdeliebhaber wie unsere Freunde und Mitreisenden undenkbar wäre: Lipizzaner! Ende des 16. Jh. wurde das Gestüt von LipicaErzherzogLipica Karl gegründet, um den hohen Bedarf der Habsburger an Pferden für Paradeauftritte zu decken. Bis heute ist die Zucht der Lipizzaner, einer Kreuzung aus andalusischen Hengsten und einheimischer Stuten, ein Erfolgsmodell und steht für maximale Grandezza, Temperament und Hohe Reitschule. Wir zahlen an der Kasse 21 € pro Person und machen uns auf den Weg durch das Gestüt. Überall weiße Pferde mit schwarzen oder braunen Fohlen, kraftvoll, energiegeladen und Lipicaeinfach Lipicanur schön. Dem kann sich sogar der Chronist nicht entziehen, obwohl er kein bekennender Pferdenarr ist. Aber schön ist schön und beeindruckend ist beeindruckend, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir wohnen einem öffentlichen Training bei, dessen wenig überraschende Erkenntnis ist, dass sich Eleganz, Ausdruck und Präzision auch im Pferdesport aus den Komponenten Fleiß, harte Arbeit, Konsequenz und Feintuning ist. Selbst wenn Lipica der Himmel der Pferdezucht wäre, purzeln aus ihm keine Meister. Bei nun bereits 27 °C und blau-schwarzen Gewitterwolken vom nahen Mittelmeer her, machen wir einen Rundgang durch die riesigen Koppeln, wo diese herrlichen Pferde unter Bäumen weiden und uns aus der Ferne neugierig-misstrauisch beobachten. Im flirrenden Licht des Mittags scheint uns die Szenerie wie von einem Impressionisten vor den malerischen Hintergrund geworfen

Nach zwei Stunden zieht es unsere Begleiter weiter, um ihrer zweiten Leidenschaft Genüge zu tun: das Meer. Slowenien hat zwar nur etwa 40 Kilometer Küste, aber das reicht für vier Personen, drei Hunde und zwei Wohnmobile locker aus. Wir Camping FiesaCamping Fiesasteuern Piran an, nochmal 45 Kilometer nach Südwesten. Bei Koper versinken wir kurz in einem mächtigen Gewitter mit schwerem Regen. Als wir aber um 13:50 Uhr im Camping Fiesa [N 45° 31‘ 24,9‘‘  E 013° 34‘ 52,3‘‘] in Piran festmachen, tun wir das bei angenehmen 23 °C und einem locker bewölktem Himmel. Camping Fiesa ist rammelvoll und wir werden auf zwei allerletzte Rasenplätze am äußersten Ende der Anlage, sozusagen an den Katzentisch, geleitet. Wir machen es uns erst einmal gemütlich bei Kaffee und Kuchen, bevor wir kurz vor 17 Uhr zu einer Besichtigung von Piran aufbrechen. Camping Fiesa liegt etwas über einen Kilometer Luftlinie vom Zentrum Pirans entfernt, allerdings kann man das nicht direkt ansteuern, sondern muss sich an der Wasserkante entlang von außen anschleichen. Wir umrunden auch noch den kleinen Fiesa-See, an dem der Campingplatz liegt, wodurch wir schon gut über zwei Kilometer unter die Füße nehmen müssen, um ins Zentrum zu gelangen.  

Fahrtstrecke Postojna – PiranFahrtstrecke Postojna – Piran

PiranPiran ist im 7. Jh. erstmals schriftlich erwähnt und hat eine ereignisreiche Geschichte hinter sich gebracht. Der Name soll vom griechischen Wort pyros (Feuer) abgeleitet sein, weil, wie man sich erzählt, anfänglich auf der Landzunge, auf der Piran entstand, kein Leuchtturm stand, sondern ein offenes Feuer zur Orientierung der Seefahrer erhalten wurde. Darüber kann man wohl streiten, weil in frühen Zeiten definitiv kein elektrisches Licht, sondern Holz- oder Kohlefeuer zum Einsatz gekommen waren, egal ob mit oder ohne Leuchtturm. Zu Beginn der Besiedelung der Region am Ende des 2. Jh. hatten sich hier, wie eigentlich überall, die Römer breit gemacht. Die feste PiranBesiedelung begann dann im 7. Jh. unter byzantinischer Herrschaft. 788 wurde Istrien dann von den Franken besetzt und Friaul zugeschlagen. Mitte des 9. Jh. kam Piran zu Italien und ging etwa 100 Jahre später als Teil des Heiligen Römischen Reiches ans Herzogtum Bayern. Dann war lange Zeit Ruhe in Istrien, bis es von 1809 bis 1813 zur Illyrischen Provinz Napoleons gehören sollte. Anschließend wurde es wieder österreichisch, weil das kaiserliche Österreich die Republik Venedig beerbt hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg fiel Istrien 1920 mit dem Vertrag von Rapallo an Italien. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Region um Triest zwischen Italien und Jugoslawien umstritten und wurde unter UN-Verwaltung gestellt. Erst im Londoner Abkommen von 1954 wurde das Freie Territorium Triest aufgelöst und die Zone B, zu der auch Piran gehörte, offiziell Jugoslawien angegliedert. Heute liegt Piran im Grenzgebiet zu Kroatien. Der Grenzverlauf ist jedoch trotz des EU-Schiedsspruches von 2017 noch immer umstritten, was zur Folge hat, dass in dieser scheinbar friedlichen Bucht von Piran und nebenan, in der Bucht von Portorož, ein heftiger Fischereikrieg um die immer kargeren Fischgründe tobt.

Auf Tartiniplatz, PiranTartiniplatz mit Geburtshausunserem Spaziergang ins Zentrum von Piran spüren wir davon natürlich nichts. Piran ist, entsprechend seiner Geschichte, eine enge und verwinkelte Kleinstadt mit etwa 4.000 Einwohnern und einer typisch venezianischen Architektur mit gotischen und neoklassizistischen Variationen. Wer hier nicht zu schlendern weiß, weiß nicht, was schlendern heißt. Das Herz der Altstadt ist der Tartiniplatz (Tartinijev trg), der dem Komponisten und Geiger Guiseppe Tartini (1692-1770) gewidmet ist. Im ersten Stock seines mittlerweile neoklassizistisch renovierten Geburtshauses wird im Rahmen einer Andenkensammlung auch Tartinis wertvolle Amati-Geige aufbewahrt. Wer Glück hat, kann sie unten auf dem Platz etwa einmal im Monat hören, weil ein Geiger sie Piranregelmäßig herausholt und spielt, um sie „in Form“ zu halten. Wir haben dieses Glück nicht, Tartinis Geige bleibt heute stumm. Wir können es allerdings nicht unterlasen, hinüber zum Hafen zu schlendern, wo vor vielen Jahren die Reiseleiterin unter den Augen der Touristen an der Mole Anlegemanöver als Vorbereitung für ihre Segelprüfung übte, eins nach dem anderen, backbords und steuerbords längsseits, rückwärts und vorwärts, mit auf- und ablandigem Wind, bis der Skipper und ihr heutiger Chauffeur zufrieden waren. Der Blick auf das Manöverrevier bezeugt, dass sich seit damals nicht viel verändert hat im Hafen von Piran, nur dass sich heute keine Segel-Eleven mit schweißigen Händen an die Mole heranzittern und keine Mitstreiter an Land springen, um die Leinen zu übernehmen. Übers Gesicht der Reiseleiterin huscht ein feiner Hauch von Nostalgie.

EffieEffie – herzerweichender SturkopfUm 19 Uhr sind wir nach knapp sieben Kilometern wieder zurück im Camp Fiesa, und Effie fällt wieder einmal aus der Rolle, weil sie offenbar im Dauerstreit mit Wasser liegt; ist sie in Bled noch vor lauter Jagdeifer auf die Entenküken in den See gefallen und nicht mehr selbständig herausgekommen, hat sie auf diesem Spaziergang entlang der Promenade nun so viel Salzwasser geschaufelt, dass sie sich jetzt die Seele aus dem Leib kotzt. Unsere Mädels beobachten das mit blasierter Gelassenheit: Wird sie schon noch lernen, das Landei! Und morgen ist eh alles wieder vorüber. Fragt sich nur, ob Effie daraus einen Erkenntnisgewinn ziehen wird? Sie will ja schon gerne alles sehr genau wissen und hat einen gewaltigen Sturkopf.

PiranBevor wir wieder losgehen, beantworten wir Poseidons Rache mit einem gepflegten Ankerschluck aus Campari Orange. Um 19:45 Uhr nehmen wir die Strandpromenade an der Nordseite der Halbinsel gleich nochmal unter die Füße, diesmal ohne vierbeinige Begleitung und ohne Umweg um den kleinen See am Camp. In der Dämmerung und dem rot überstrahlten Sonnenuntergang legt sich Piran einen ganz besonderen Zauber zu, welcher das Fischereigezänk draußen in der Bucht noch unwirklicher erscheinen lässt, als es auch ohne Lichterzauber schon ist. Andererseits: Welche betörende Aussicht hätte Männer schon jemals davon abgehalten, sich wie Deppen zu benehmen? Im Gegenteil.

Übersichtsplan PiranÜbersichtsplan Piran

PiranWir entscheiden uns für das Restaurant Pavel 2 mit einem unverstellten Blick hinaus auf die untergehende Sonne. Es gibt Meeresfrüchte-Vorspeise, Fischplatte für zwei, Pfeffersteak und Muscheln, dazu natürlich Wasser und Wein, das Ganze für 129 €. Das Essen ist ohne Tadel, der Service freundlich und aufmerksam – was will man mehr? Mit dem Gepäck im Bauch machen wir uns wieder auf den Heimweg, der uns guttut, und sind gegen 22:30 Uhr wieder zurück. Wir messen noch immer 20 °C bei einem kristallklaren Himmel und einem fernen Wetterleuchten im Nordosten. Um die Nachtruhe unbeschwert genießen zu können, führen wir unseren Verdauungsorganen noch einen spirituellen Verbrennungsbooster zu und legen uns gegen Mitternacht aufs Ohr.    

 

Freitag, 25. Mai 2018

PiranMorgenstimmungUm 7:30 Uhr steigen wir frisch aus den Betten und freuen uns über wolkenlose 20 °C. Die Mädels dürfen ihren Morgenspaziergang absolvieren, und anschließend wird gefrühstückt. Für unsere Begleiter ist es die slowenische Henkersmahlzeit, weil sie von der Arbeit nach Hause gerufen werden. Wir dürfen uns noch ein paar Wünsche erfüllen. Wir nehmen Abschied von Piran und Camping Fiesa, das für unseren Geschmack viel zu voll und geschäftig unpersönlich ist. Allerdings gibt es reichlich Duschen und Toiletten, die zwar mediterran gealtert, aber sauber sind. Für eine Nacht bezahlen wir 30 € + 6 € für die Hunde + 5 € Elektrizität. Das summiert sich auf stolze 41 €. Unter diesen Umständen darf man sich glücklich schätzen, wenn man Besitzer einer ACSI-Karte ist; dann reduziert sich der Nachttarif auf 28 €. Und damit lässt es sich leben. 

Um 10:15 Uhr verlassen uns Doris, Klaus und Effie in Richtung München. Wir kehren Camping Fiesa um 11 Uhr bei 32 wolkenlosen Graden den Rücken. Unser Ziel ist heute der Triglav Nationalpark und die Soča, die in Italien noch Isonzo heißt. Unseren ersten Stopp machen wir um 12:30 Uhr in Nova Gorica, um bei Mercator unsere Lager aufzufüllen. Die Fahrt dorthin erscheint uns wie eine Italienreise, so typisch sind die Ortschaften und die Architektur hier; wir sind mehrmals versucht, uns auf der Karte zu versichern, ob uns das Navi nicht kurzerhand und klammheimlich ein paar Kilometer nach Westen versetzt hat. Wenn hier hinter irgendeinem Haus Don Camillo mit seinem Fahrrad um die Ecke böge, würden wir uns kaum wundern. 

Sveta GoraBasilika Sveta GoraKnapp eine Stunde benötigen wir für die Lagerbefüllung bei Mercator, bevor wir bei 30 °C und blauem Himmel mit mächtigen Quellwolken wieder aufbrechen. Offenbar ist es der Reiseleiterin nach all den weltlichen Genüssen der vergangenen Tage nach etwas Hl.FranziskusDem hl.Franziskus ist das Kloster geweihtSpiritualität und himmlischer Nähe. Sie lotst den Chauffeur hinauf zu Sveta Gora, zur Kirche auf dem Heiligen Berg. Die ursprüngliche Kirche wurde hier oben in der ersten Hälfte des 16. Jh. errichtet, allerdings war der Berg schon mindestens 200 Jahre zuvor ein heiliger Ort. Während der Isonzo-Schlacht des Ersten Weltkrieges wurde die Kirche zerstört und ab 1928 in einem Gotik-Renaissance-Stilmix wieder erbaut. Da hier Marienerscheinungen überliefert sein sollen, ist Sveta Gora nicht nur Marias Himmelfahrt geweiht, sondern auch ein bedeutender Wallfahrtsort. Dort also lotst uns die Reiseführerin hinauf, obwohl sie mit Maria nichts am Hut hat und sicher auch keine Wallfahrt zu machen gedenkt. Aber eben die Spiritualität … Irgendwie spirituell und himmelfahrtsähnlich ist der Aufstieg zur Basilika dann tatsächlich: Auf einer Strecke von nur fünf Kilometern ächzen wir von Nova Gorica (94 m) auf 684 m hoch. Da faucht der Franz II gut und gerne eine Steigungen bis zu 30 % hoch, und der aktuelle Dieselverbrauch ist am oberen Anschlag von 50 l noch längst nicht am Ende. Um 13:45 Uhr parkt der Franz mit dampfenden Pferdelungen vor der Basilika [N 46° 00‘ 1,8‘‘  E 013° 39‘ 14,1‘‘]. Wir stehen Fianna auf Sveta GoraKremšnite, Apfelstrudel und hungriger Hundvöllig allein vor der heiligen Himmelspforte. Den Himmel allerdings scheint unsere Zudringlichkeit mächtig zu ärgern, denn kaum, dass wir uns umgesehen und der Kirchen einen Besuch abgestattet haben, wirft er mit Blitz und Donner und ganzen Tankladungen Wasser nach uns. Um uns herum hat der Herr das Licht ausgeknipst, aber drunten, nicht einmal 30 Kilometer südlich belohnt er die Wasserratten mit blitzblauem Sonnenschein. Muss er sich bei einer solchen Behandlung wirklich wundern, wenn seine Kirchen immer leerer werden? Wir wettern mit Kaffee, Kremšnite und Apfelstrudel ab. Draußen läuft dem Franz das Wasser in Bächen vom Dach.

Gut, dass man von hier oben einen formidablen Überblick hat, so sind wir nämlich schnell im Bilde, dass bei Beendigung der Sintflut auch das Zielgebiet im Norden wieder unter blauem Himmel und weißen Wolkentürmen liegt. Also geben wir dem Franz um 15 Uhr wieder die Anweisung, den Berg im Schritttempo hinunter zu gurken; es kann ja keine Rede sein, dass 30 % Gefälle weniger anstrengend wären als 30 % Steigung. Da muss der Chauffeur die Zügel trotz technischer Hilfen ordentlich straff halten.

Sollte der jedoch der Meinung gewesen sein, dass sich damit die kleinen fahrerischen Abenteuer für heute erledigt hätten, hat er nicht mit der spitzfindigen Streckenwahl seiner Reiseleiterin gerechnet (womit er nach langjähriger Erfahrung allerdings hätte rechnen sollen). Noch cruisen wir Richtung Tolmin durch eine zauberhafte Hügellandschaft, bis wir etwa auf Höhe des Auf dem Weg nach KobaridDer Weg nach Kobarid – auch eine Art KremšniteWeilers Grudnica unversehens in einen kurvenreichen Straßenschlauch tauchen, in dem Klaustrophobie teil des Programms ist: Links ein Steilhang, rechts eine Leitplanke und ein steiler Abhang, dazwischen eine Stoßdämpfer-Teststrecke genau so breit wie der Franz. Ausweichstellen sind auf dieser Piste nicht vorgesehen. Wenn uns jetzt jemand entgegenkommt! Die Angströhre zieht sich dahin und scheint kein Ende nehmen zu wollen. Vor jeder Kurve rechnen wir mit dem Malheur, und Kurven gibt es mehr als gerade Abschnitte. Aber auf unfassbare Weise bleiben wir allein in diesem Schlauch, niemand scheint sich der Konfrontation stellen zu wollen. Fast zehn Kilometer lang werden wir auf die Folter gespannt und jeder Meter ist einer, in dem die Hoffnung auf himmlische Ein-, Um- und Nachsicht nicht stirbt. Bei Postoja weitet sich dann der Blick wieder, die Teststrecke wird zur Straße, die jetzt allerdings von den von unseren Seelen rollenden Felsbrocken noch unbefahrbarer sein dürfte als die glücklich überstandene Angströhre. Der Chauffeur ist fest davon überzeugt, dass unsere kleine Wallfahrt nach Sveta Gora den Weltenherrscher doch milder gestimmt hat als er es mit seinem Donnerwetter andeuten wollte. Wahrscheinlich hat er mit einer himmlischen Drohne die Strecke abfliegen lassen und alle, die sich in diesen Schlauch wagen wollten, auf den Pfad der Vernunft gelenkt, jenen Pfad also, den auch wir hätten nehmen können, wenn die Navigatorin eine andere gewesen wäre. Es scheint zu ihrem Programm zu gehören, auf jeder Ausfahrt mindestens einmal den handwerklichen wie mentalen Zustand des Chauffeurs prüfen zu wollen. Fragt sich nur, wie lange sich der Chauffeur noch den navigatorischen Übergriffen seiner Reiseleiterin unterwerfen will.

Soca-SeeDer Soča-SeeGegen 16 Uhr gönnen wir uns eine kurze Erholungspause in Most na Soči, einer kleinen Ortschaft der Gemeinde Tolmin. Es ist dieser ungeheuer smaragdgrüne, künstlich angelegte See, der uns fast magisch in seinen Bann zieht und eine erste Ahnung von der Soča vermittelt, die diesen Stausee zusammen mit dem Flüsschen Idrijca speist. Wir sind auf dem kleinen Parkplatz völlig alleine, was daran liegen könnte, dass sich im Augenblick niemand in diese Freiluftsauna wagt: Nach dem Gewitter ist es in dem engen Kessel dampfend schwül, dass uns fast augenblicklich das Wasser aus allen Poren läuft und sogar dem Franz die Brühe über die Seitenwände läuft. Von jetzt auf gleich ist der Franz komplett von außen beschlagen und auf allen Augen blind. Länger als zehn Minuten halten wir es nicht aus und bedauern dies sehr, denn her wäre ein wirklich hübsches Plätzchen für mehr als einen kurzen Stopp. Wir nehmen uns vor, diesen Aspekt auf einer eventuell zukünftigen Reise nach Slowenien nicht aus den Augen zu verlieren.

Kamp KorenDer erste Eindruck von Kamp KorenÜber Tolmin geht es weiter in Richtung Nordwest, bis wir nach einer der üblichen Orientierungslosigkeiten des Garmin und einem kleinen Umweg um 16:30 Uhr im Kamp Koren, nordöstlich von Kobarid festmachen [N 46° 09‘ 15,4‘‘  E 013° 44‘ 47,4‘‘]. Der Himmel ist weiß-blau bei 21 °C und auf dem Tacho stehen 177 km mehr zu Buche. Wenn man von den Wohnmobilen, den Caravans und den Zelten absieht, scheint hier alles aus Holz zu bestehen; die Rezeption erinnert eher an eine Almhütte als an die Rezeption eines Campingplatzes. Kamp Koren ist nämlich ein sogenannter Öko-Campingplatz und der erste und bislang einzige Campingplatz Sloweniens, der mit dem „Öko-Gänseblümchen“, dem Europäischen Zertifikat für Öko-Tourismus, ausgezeichnet wurde. Exakt einen solchen Eindruck machen auf uns die Betreiber hier und so sind offenbar auch viele der Besucher. Es ist alles sehr unprätentiös, einladend und irgendwie heimelig.

Fahrtstrecke Piran – KobaridFahrtstrecke Piran – Kobarid

Die Soča bei KobaridDie Soča bei KobaridNach den anregenden Aufregungen des Tages böte sich eigentlich eine unverzügliche tiefe Entspannungsphase mit Ankerschluck an, also: der Chauffeur könnte sich das sehr gut vorstellen, wenn er allein zu bestimmen oder eine andere Reiseleiterin hätte. Die ist nämlich vom Sitzen auf dem Beifahrersitz nicht ausgelastet, von der direkt tiefgrün unter uns rauschenden Soča quirlig gestimmt und findet, dass ein Rundgang um eine Basilika nicht genug Bewegung für die Hunde gewesen sei. Deshalb stapfen wir schon eine halbe Stunde später in die dampfenden Hügel und Berge östlich des Flusses. Man ahnt ja gewöhnlich nichts Böses, wenn man am Ende eines Fahrtags zu einer kleinen, Gelenk und Geist auflockernden Wanderung in den frühen Abend hinein Spaziergang im Wald um Kamp KorenSpaziergang im Wald um Kamp Korenermuntert wird, sollte aber auch nicht völlig unbedarft jeder Verlockung folgen. Was jetzt nämlich folgt, sind fünf knappe und kurvenreiche Kilometer bei 170 Höhenmeter durch einen europäischen Dschungel! In diesem Bergwald dampft und tropft es noch mehr als am See von Most na Soči, und wenn uns ein kleiner slowenischer Berggorilla aus den mannshohen Farnen heraus grüßen würde, müsste uns das auch nicht gewundert. In Erwartung einer kleinen Vorberg-Wanderung hat sich der Chauffeur für die stabile Wetterhose entschieden, wo er doch besser zur kurzen Wanderbüx gegriffen hätte; die Hose klebt ihm nun vom Bund bis hinunter zu den Knöcheln wie eine zweite Haut am Leib. Selbst die Fellnasen, denen es fast gänzlich an Schweißdrüsen mangelt, signalisieren Zweifel an der Sinnhaftigkeit unseres Tuns. Nur die Reiseleiterin stapft frohen Muts und mit aufmunternden Sinnsprüchen durch die tropfende Vegetation – 90 Minuten lang. Dieser Appetit anregende Spaziergang bietet uns dann allerdings die Gelegenheit, gleich nach unserer Rückkehr um 18:30 Uhr die Duschen des Öko-Campings zu testen und für anstandslos zu befinden. Und dann gibt es doch tatsächlich einen Ankerschluck, der eigentlich ein ganzer Tanklaster sein müsste.

Das Restaurant von Kamp KorenDas Restaurant von Kamp KorenGegen Gulasch und PolentaGulasch und Polenta20 Uhr gehen wir im Camp essen. Auf Holzbänken unter Holzlauben, mit der Soča zu unseren Füßen, entscheiden wir uns für das einzige Angebot des Tages: Gulasch mit Polenta. Nirgendwo sonst wurde uns die ganze Geschichte Sloweniens so plakativ vor Augen geführt – österreichisches Gulasch und italienische Polenta. Das Gericht lässt keine Wünsche offen und kostet 5 €, fürs Bier verlangt man hier 1,30 € und ein Glas regionaler Sauvignon schmälert die Reisekasse um bescheidene 0,90 € – Wasser inklusive. Viel fehlt nicht, dass wir hier stranden wie die SočaRucksacktouristen in Bangkoks Sukhumvit Road. Nach dem Abendmahl hangeln wir uns den steilen Hang zur Soča hinunter und lauschen ihrem Geplapper. Jetzt kopfüber in den Fluss purzeln und einen Blick ans Ende der Dinge werfen …

Wir entscheiden uns anders, steigen wieder hoch und hängen wortlos in unseren Stühlen, zusammen mit den wohlig zufriedenen Mädels. Doch das Paradies ist auch hier nicht verortet. Es rumort schon wieder aus Nordwest. Gegen 22 Uhr machen wir die Lichter aus, hören gerade noch den ersten Donner und ahnen die ersten Blitze durch die Dachfenster. Dann löst der Regen das Geplapper der Soča ab.

Der letzte Gedanke: So viel Dampf und keine Stechmücke weit und breit!

 

Samstag, 26. Mai 2018

KozjakDer Samstagmorgen Kozjakbegrüßt uns wolkenlos bei 15 °C. Das Gewitter und der Regen der Nacht waren offenbar nichts als Alpträume überreizter Gehirne. Wir gönnen uns ein kurzes Frühstück und marschieren um 9:15 Uhr los. Unser erstes Ziel ist der Kozjak Wasserfall (slap kozjak). Erst geht es ein Stück die Strecke entlang, die wir gestern schon getestet haben, dann, nach der Hängebrücke über die Soča, wendet sich der Steig nach Nordost und mündet in eine sich immer stärker verengende Klamm. Mehrmals queren wir den Kozjak-Bach, die Welt wird immer enger und finsterer. Zum Schluss geht es auf einem ausgesetzten Holzsteg um die Kozjakletzten Felsnasen herum, bevor wir nach etwa zwei Kilometern vor dem Wasserfall stehen, der aus 15 Metern glitzernd und sprühend in ein flaschengrünes Becken stürzt. Wir haben kaum Zweifel, dass dieser Wasserfall einer der schönsten Sloweniens sein muss. Wir sind allein hier Der Kozjak-WasserfallDer Kozjak-Wasserfallund genießen den Zauber und die Mystik dieser Kulisse. Zwischen Juni und Oktober müssen Erwachsene für diesen Anblick 4 € für den Erhalt der aufwändigen Infrastruktur bezahlen (Kinder 2 €), was unseres Erachtens absolut nachvollziehbar ist, weil man sich vorstellen kann, dass die Wege und Stege hier mehr als einmal den Naturgewalten zum Opfer fallen.

Nun geht es wieder zurück bis zur Hängebrücke, die wir überqueren, weil wir auf der anderen Seite der Soča die Höhensiedlung Tonocov grad besteigen wollen. Dieses Ziel hatte die Reiseleiterin bereits gestern Abend im Auge, ist aber am Widerstand des Chauffeurs gescheitert. Dass es nicht Aufstieg zu Tonocov GradWilder Aufstieg zu Tonocov Gradunbedingt falsch sein muss, gelegentlich ein Ziel auszuschlagen, bestätigt sich jetzt. Die Nachfrage bei der Rezeption nach dem Schwierigkeitsgrad und der Steilheit hinauf zur Siedlung wurde uns gestern mit unproblematisch und überhaupt nicht steil beantwortet. Es kann sein, dass es noch andere Wege nach oben gibt, die dieser Beschreibung nicht spotten, aber dieser hier, den wir begehen und welcher der übliche und überall beschriebene sein sollte, ist kein Spaziergang. Von der Hängebrücke auf etwa 220 m. ü. M. steigen wir in vielen Windungen und Kehren über etwa 1 Kilometer (Luftlinie 500 m) auf knapp 300 m, dabei ist es nicht vorwiegend die Steilheit des Geländes, das uns zu schaffen macht, sondern häufig genug sind es die kniehohen Stufen, die selbst unsere Vierbeiner zu sportlichen Sonderleistungen zwingen. Vor allem in den Abschnitten, in denen es durch die alten italienischen Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg geht, stellen wir uns oft die etwas unangemessen diskriminierende Frage, ob diese Steige tatsächlich von kleinen Italienern angelegt wurden oder doch eher von ihren Feinden, um sie am Zugang zu ihren Stellungen zu hindern? Ja, wenn die Oberschenkel brennen und der Kopf hitzig wird, kommt es schon mal vor, dass die Gedanken boshaft werden. Generell findet der Chauffeur sich in seiner seit der Kindheit häufig bestätigten Überzeugung gefestigt, Einheimischen besser nicht zu glauben, sie also am besten gar nicht erst zu fragen. Schon als Kind hatte er die Erfahrung machen müssen, dass der Weg vom Hornbachtal in Tirol über die Jochspitze hinüber ins Oberstdorfer Oytal gemäß treuherziger und im Brustton der Überzeugung vorgetragener Gewissheit ein Spazierweg sei, den man sogar mit Kinderwagen bewältigen könne. Tatsächlich gab es dann entlang dem Kleinen Wilder überhaupt keinen Weg mehr, sondern nur noch Geröllhänge, weshalb die gesamte Wandergruppe am Fuß des Kleinen Wilder nur noch auf allen Vieren oder wie eine Flunder am Fels klebend entlang kroch; für das Kind ein Abenteuer, für die Erwachsenen und Eltern ein Horror und Grund genug, den Informationsgehalt ortsansässiger Wegbeschreibungen auf die gleiche Stufe mit heutigen WetterApps zu stellen.

Ausgrabungsstätten Ausgrabungsstätten Um 11:15 Uhr haben wir es aber geschafft. Was wir hier vorfinden sind die gut erhaltenen Reste einer Siedlung, die bis in die Eisenzeit zurückreicht. Die Siedlungsreste, die wir sehen, gehen auf das 5. und 6. Jh. zurück, als die Gegend zum ostgotischen Reich gehörte. Ihr wird eine wichtige strategische Position im Soča-Tal zugeschrieben, weil von hier oben nicht nur das Tal selbst, sondern auch die Blick ins Soča-TalBlick ins Soča-Talgegenüber liegende Talseite gut kontrolliert werden konnte. Sehr gut erhalten ist auch eine Zisterne aus jener Zeit, die die Wasserversorgung für die hoch gelegene Siedlung sicherstellte. Wir gönnen unserem strapazierten Geläuf eine kurze Erholung und steigen in Richtung Kobarid ab. Der Weg führt uns vorbei an einem auf einer Anhöhe nördlich von Kobarid errichteten italienischen Beinhaus mit der Kirche des Hl. Anton. Selbst wenn man in Fragen der Architektur nicht bewandert ist, ahnt man sofort, Hl. AntonDer Hl. Anton auf seinem Kriegerdenkmaldass diese bräsige Monstrosität nur aus „großer“ italienischer Zeit stamm en kann. Drei protzig übereinander gestapelte und nach oben zulaufende Achtecke bewahren die sterblichen Überreste von etwa 7000 italienischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, die aus den umliegenden Soldatenfriedhöfen zusammengetragen wurden. Benito Mussolini selbst eröffnete diese Heldengedenkstätte im September 1938. Bis heute steht dieses schaurige Kriegerdenkmal unter italienischer Verwaltung. Und oben auf dieser Betonkaskade thront der Hl. Anton in seiner Kirche, die ihm Ende des 17. Jh. errichtet wurde, was bedeutet, dass sich die Schwarzhemden, ohne ihn zu fragen, zu seinen Füßen eingenistet haben und aus seiner zierlichen Anhöhe eine Art Hubschrauberlandeplatz machten. Wir machen uns schnell vom Acker, hinunter nach Kobarid und vorbei an den an der Straße aufgestHedda kneippt sich die Beine frischHedda kneippt sich die Beine frischellten 14 Stationen des Leidensweges Christi. Um 12:15 Uhr ist dann auch unser heutiger Leidensweg nach gut 13 km vorüber. 358 Höhenmeter sind wir hinaufgestiegen und 364 wieder hinunter. Das Wetter war durchgehend freundlich weiß-blau bei etwa 20 °C und ließ das gestrige Saunaerlebnis in Vergessenheit geraten. Es ist ein schöner Weg, trotz der teilweise rüden Stufen im Anstieg und der architektonischen Grobheit am Ende. In Kobarid konsultieren wir die Bar Gotar (Krilanova ulica 3) bei Tunfisch-Panini, Bier und Eiskaffee und wandern nach einer knappen Stunde weiter in unser Camp, wo wir um 13:30 Uhr ankommen und sofort mit den Mädels zur Soča hinabsteigen, damit sie sich die müden Beine kühlen und den Staub aus dem Pelz spülen können.

Wanderung zum Wasserfall und zu Tonocov GradWanderung zum Wasserfall und zu Tonocov Grad

Wir genießen den Nachmittag vor unserem Franz mit Kaffee und ein paar süßen Stückchen aus der pekarna in Kobarid. Allerdings schüttelt uns die Nachmittagsthermik schön langsam den Baumbestand des Camps in den Kaffee, der großteils aus Linden, Erlen und Eschen besteht; es rauscht und knistert unentwegt und wir fingern das Grünzeug aus Kaffee und Kuchen. Wer sich übrigens bezüglich des Baumbestands weiterbilden möchte, findet in der Rezeption ein Herbarium zur Baumbestimmung.

Gegen 19 Uhr gehen wir den guten Kilometer hinüber nach Kobarid zum Restaurant Kotlar, direkt im Zentrum (Trg svobode 11). Wir sitzen in der lauen Abendluft draußen und beschließen einen schönen Tag mit einem ebensolchen Essen: Gegrillte DigestifDigestif für FußgängerJakobsmuscheln, Forelle und Rotbarsch gegrillt und Štruklji als Nachspeise (Ziehteigrollen mit Topfen-Rahm-Füllung oder Walnüssen und vieles mehr, weil fast jeder Patissier sein eigenes Rezept pflegt: super und supersüß sind sie alle und eine Pflicht im Slowenienurlaub). Mit Wein, Wasser uns Espresso kommt uns der Abend auf 73 €. Danach wird uns allerdings erst die eigentliche und zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erwartete Herausforderung des Tages serviert: zwei Riesenkaraffen Likör als Digestif auf Kosten des Hauses (in solchen Krügen bekommt der Schwabe sein „Achtele“ auf den Tisch). Das beamt uns fast weg, da wir aber heute nichts mehr vorhaben, lassen wir uns nicht lumpen und freuen uns über die Überraschung des Hauses. Auf dem Heimweg sind wir bester Laune und bereit, die ganze Welt in die Arme zu schließen.

WildwasserAuf der steinernen Napoleonbrücke über die Soča sehen wir, was sich schon nachmittags im Camp angekündigt hat: Kajak-Wettbewerb unter Flutlicht auf dem Fluss. Die Soča ist hell erleuchtet, die Ufer sind, soweit man sie einsehen kann, mit Menschen vollgepackt, aus wattstarken Anlagen wummert sportliche Musik und auf dem Wasser mühen sich die Aktiven nach allen Regeln der Wildwasserkunst, nicht baden zu gehen. Es ist Volksfest an der Soča und im Camp. Wahnsinnig viele junge Leute aus ganz Europa sind hier zusammengekommen, um sich im tosenden Wasser dieses anspruchsvollen Flusses miteinander zu messen. Aber es ist eine fröhliche, offene und mitreißende Stimmung, die nichts Hektisches hat, die alle ein- und niemand ausschließt. Wir können uns dieser Atmosphäre nicht entziehen und steigen vom Camp zum Fluss hinunter, finden irgendwie zwischen all den Leuten ein Plätzchen auf einem Baumstamm, lassen uns trotz der Promillekaraffen im Kotlar noch ein süffiges Bier schmecken und tauchen einfach in diese samtschöne Nacht am Isonzo ein. Als wir gegen 23 Uhr beseelt und völlig eins mit der Welt zu unseren Mädels zurückkehren, hat es immer noch 20 °C mit einer flauschigen Wölkchenbegleitung, die uns wie Watte umschmeichelt und geschmeidig ins Bett trägt.

 

Sonntag, 27. Mai 2018

Bis 2 Uhr dringt die treibende Wumm-Bumm-Wumm-Bumm-Bumm-Musik zu uns ins Womo, unermüdlich rauscht das Fest an unserer Schlafkammer vorbei, aber schon wie in Ljubljana bleibt die Stimmung durchgängig fröhlich, nie aggressiv oder pöbelnd und besoffen. Um 8 Uhr steigen wir aus den Betten und fühlen uns trotz der lauten Nacht bestens; der Himmel ist blau mit Schäfchenwolken und über die 17 °C gibt es auch nichts zu meckern. Und ebenso wie in Ljubljana sind nach dem Fest die Toiletten und Duschen in einem bemerkenswert guten Zustand.

Kamp KorenKurz vor 9 Uhr marschieren wir mit den Hunden noch einmal in die Kozjak-Klamm und zum Wasserfall, und jetzt steht und dampft die Luft schon wieder. Beim Frühstück um 10 Uhr treiben sich deutlich mehr Wolken am Himmel herum. Uns ist es egal: Wir haben heute nichts vor. Wir lümmeln vor dem Franz und folgen langen Gedankenschnüren. Und um 16 Uhr ist plötzlich der Regen da und unser Freisitz-Moratorium spontan beendet. Gegen 18 Uhr ist alles wieder vorbei.

Von einem Aushang wissen wir, dass man heute feinen regionalen Käse an einem Stand gleich um die Ecke kaufen kann. Das lassen wir uns nicht entgehen, denn Käse aus Tolmin ist über die Landesgrenzen hinaus geschätzt. Wir kaufen also einen ordentlichen Brocken tolminc, dazu vier halbe Liter superfrischen Joghurt und fermentierten Ricotta. Da bald darauf ein Gewitter niedergeht, hat sich die geplante Wiederholung des Gaststättenbesuchs von gestern schnell erledigt. Wir zaubern uns Rigatoni Bolognese und veredeln den dazu gereichten Salat mit fermentiertem Ricotta. Bingo!

Für den Rest des angebrochenen Abends tun wir, was wir eigentlich schon den ganzen Tag taten: Wir genießen das Leben in verschiedenen Steigungen der Horizontalen, lesen, plaudern und verdaddeln die Zeit.

Um 22:30 Uhr hat der Regen Pause und wir haben fertig.

 

Montag, 28. Mai 2018

SočaEin letzter Blick auf die zauberhafte Soča und die NapoleonbrückeHeute heißt es, Abschied zu nehmen vom Öko-Camp Koren und der eisgrünen Soča. Schön langsam ruft uns die Pflicht wieder nach Hause, obwohl wir es hier noch ein wenig aushalten könnten. Zu den täglichen Abläufen, wie Hunde ausführen und frühstücken, gehört an solchen Tagen natürlich die Nach- und Vorbereitung des Franz II: putzen, Toilette entsorgen, Grauwasser raus, Frischwasser rein und alles wieder an seinen Platz räumen, was drei Tage ein Eigenleben entwickelte. Dann begleichen wir noch unsere Schulden, die sich mit der ACSI-Karte nach drei Tagen auf 57 € (3 x 19 €) belaufen, alles inklusive. Im Öko-Camp stimmt also nicht nur das Lebensgefühl, sondern auch der Preis dafür. Kurz nach 11 Uhr nehmen wir schweren Herzens Abschied. Der Himmel zeigt sich makellos bei dampfigen 24 °C.

Noch wollen wir nicht direkt nach Hause, sondern noch etwas tiefer in den Triglav Nationalpark vordringen. Unser heutiges und letztes Ziel ist der Bohinj-See (Bohinjsko jezero), der nur etwa 20 km Luftlinie östlich liegt, sich aber hinter einem mächtigen Gebirgskamm als Südausläufer der Julischen Alpen verbirgt. Bis zu knapp 2000 m stellt sich uns unter anderem der Berg Vogel in den Weg und zwingt uns, weit nach Osten auszuholen, um von dort in das Bohinj-Tal vorzudringen. Es soll eine denkwürdige Fahrt werden.

Im TriglavPassstraßen mit Spitzkehren fordern unseren Franz und seinen Chauffeur, allerdings belohnt mit großartigen Landschaften, wie man sie überall im Voralpenraum findet, malerische Holzhäuser, und in die Landschaft gegossene Dörfer. Über solche Tagesetappen könnte man sich ohne Ende freuen, weil sie der Sinn der Womo-Fahrerei sind, das Auge bestechen und das Herz wärmen – wenn es da nicht auch reichlich Spielverderber gäbe. Dass Gebirgsstraßen und -pässe stetiger Wartung und Reparatur bedürfen, ist hinlänglich bekannt, dass aber offenbar sämtliche Straßenbau-Aktivitäten Sloweniens hier und heute auf unserer Route stattfinden müssen, erschließt sich nicht zwingend. Alle paar Kilometer eine Baustelle; Bagger, die bienenfleißig Gruben ausheben, Häuser zum Einsturz bringen und dabei keinerlei Notiz vom fließenden Verkehr nehmen, der dadurch aufhört zu fließen. Man steht und wartet, weil es keineIm Triglav Baustellenorganisation gibt, keine Ampeln und niemand, der eine Blockabfertigung steuert. Wer fahren will, muss warten, bis der Bagger ihm eine Lücke öffnet und dabei hoffen, dass er gedanken- und handlungsschneller als der Gegenverkehr ist: Wer zuerst vorstößt, kann dem Gegenverkehr eine Nase drehen. Allerdings sind die Fahrer von Kieslastern auch keine Kinder von Traurigkeit und wollen es schon mal wissen. Da muss man durch! Mit jeder Baustelle wird man robuster und durchsetzungsfähiger. Zuletzt klatschen sich Fahrer und Beifahrerin ob eines gelungenen Coups ab. Und, wie sollte es auch anders sein, selbstredend begegnet man Tiefladern mit Baggern im Gepäck oder Langholzfahrzeugen zuverlässig in den engsten und unübersichtlichsten Spitzkehren! Wenn man dann zwei Zentimeter links und rechts zwischen Felswand und Gegenverkehr hat, entspannt sich der Nacken wieder. Wollte man es anders, könnte man ja gleich mit einem 12-Meter-Morelo die europäischen Autobahnen abfahren und dabei glücklich werden. Wir haben es lieber so und empfinden schließlich, nach drei Stunden und 92 Kilometern, auch ein kleines Glück: Der treue Franz hat uns unversehrt am heutigen Tagesziel abgeliefert. Tusch!

Fahrtstrecke Kobarid – UkancFahrtstrecke Kobarid – Ukanc

Kurz nach 14 Uhr rollen wir entspannt auf den Campingplatz Zlatorog von Ukanc, am westlichen Ende des Bohinj-See [N 46° 16‘ 43,8‘‘  E 013° 50‘ 10,1‘‘]. Es ist wolkig bei 23 °C. Da haben wir ihn also wieder, den Zlatorog, jenen, nach seinem gemeuchelten Tod, auferstandenen und rachelüsternen Gamsbock mit den goldenen Hörnern. Er begrüßte uns zu Beginn der Reise und lässt es sich offenbar nicht nehmen, uns nun hier zu verabschieden. Wir finden das sehr rührend und aufmerksam von ihm; ein Gastgeber, wie man ihn sich vorstellt.

Camp ZlatorogMan steht drüber...Nach der Camp ZlatorogBaustellentour mit Spitzkehren-Topping erbittet der Chauffeur eine kleine Verschnaufpause mit Kaffee und Süßwaren, die ihm auch gewährt wird. Das gibt uns die Gelegenheit, den Blick über das neue Camp schweifen zu lassen, zumindest so weit das Auge reicht, und das ist nicht sehr weit. Der Platz ist eigentlich ein großer Waldkindergarten, vorgegebene Stellplätze gibt es hier nicht; man steht, wo man eine Lücke findet. Am liebsten natürlich direkt am See, doch dort ist, worüber man sich kaum wundert, schon alles belegt, und uns schwant, dass deutsche Touristen hier das beliebte Camp ZlatorogTeutonengrill-Spiel spielen: Rechtzeitig Handtuch auslegen, bzw. Tischgarnitur aufstellen, um sich einen Platz an Wasser zu sichern. So kommt es, dass wir nicht auf einem der umkämpften Schokoladenplätze stehen, sondern etwas zurückversetzt, krumm und bucklig, leicht erhaben, aber dadurch mit gutem Blick über das Lager und auf den See. Kurz: wir stehen da drüber. Unser erster Eindruck ist: Jugendzeltlager, Pfadfinderlager, Aussiedlerlager. Wir haben noch nirgendwo so viele Zelte mit so vielen Leinen und Schnüren dazwischen gesehen wie hier. Und überall junge Leute mit gefühlt zu vielen Kindern. Der seine Rente im Womo-Urlaub verprassende Wohlstandsrentner ist hier gegenüber den jungen Familien mit Abenteuerkindern deutlich im Hintertreffen. Aber trotz des reichlich wuselnden Nachwuchses, den gut bestückten Wäscheleinen zwischen den Bäumen und den dampfenden Suppenkesseln, haben wir nicht das Gefühl, um unsere wohlverdiente Seelenmassage gebracht zu werden. Man kann seine im Baustellenverkehr wund gescheuerte Seele ja auch zwischen die Batik-Shirts und Outdoorhosen auf die Leinen hängen und bei dampfigen 28 °C entknittern lassen.  

SavicaUm 16:45 Fianna und Hedda im HundeparadiesFianna und Hedda im HundeparadiesUhr machen wir uns bei noch immer schwülen 28 °C gen Westen auf, um dem Savica-Wasserfall (slap Savice) einen Besuch abzustatten. Dort entspringt nämlich die Große Savica (Velika Savica), um sich wenig später mit der Kleinen Savica (Mala Savica) zur Savica zu vereinen, die in den Bohinj-See fließt.  Wir wandern durch einen üppigen und sehr malerischen Talgrund, der teilweise den Eindruck von Dschungel vermittelt, und, zur ausufernden Freude unserer Mädels, meist in unmittelbarer Nähe der Savica verläuft, die an vielen Stellen dampft wie früher ein Waschkessel im Waschhaus; es ist eine verzauberte und entrückende Landschaft und jeder Schritt ist ein Genuss und Erholung. Nach etwa vier Kilometern kommen wir am Touristenparkplatz des Wasserfalls an – und sind allein: kein Auto, kein Mensch. Das neue und moderne Ausflugsrestaurant, dem man gutes Essen nachsagt, ist geschlossen. Von hier aus sind es noch einmal 20 Minuten über steile 555 Treppen hoch zum Wasserfall. Wir zögern und beschließen, uns den Wasserfall für den nächsten Besuch in Slowenien aufzuheben. Wir haben einfach keine Auf dem Weg zum WasserfallLust, uns da jetzt Dampfende WasserDampfende Wassernoch hochzuwuchten, schließlich müssen wir ja auch wieder vier Kilometer zurück. Wir haben uns bewegt, die Hunde haben sich bewegt, das reicht, und für die nächste Reise haben wir somit auch schon ein konkretes Ziel. Man muss auch mal verzichten und sich Vorfreude leisten können. Bevor wir den Rückweg antreten können, bekommen wir Gesellschaft von einem kleinen und sehr stummelbeinigen Mischlingsrüden, der an unserer Hedda einen Narren gefressen hat und ihr nicht mehr von der Seite weicht. Wir versuchen, jemand im Restaurant ausfindig zu machen, der weiß, wohin der Rammelzwerg gehört, was nach mehreren Versuchen an verschlossenen Türen auch gelingt, haben aber keinen Erfolg: Keine Ahnung. Niemand scheint den kleinen Aufdringling zu kennen. Also marschieren wir wieder nach Hause, immer den Stalker im Schlepptau, der von Fianna Abstand Me tooMe too...hält, weil er offenbar ahnt, das mit der nicht gut Kirschen essen ist. Aber Hedda bleibt gelassen, lässt ihn an sich herumwerken, obwohl er, selbst aufrecht stehend, gerade mal einen Blick über ihre Kruppe werfen kann. Man sagt den Kleinen ja gerne emsiges Bemühen nach, was für diesen hier jedenfalls zutrifft. Kurz vor 19 Uhr und nach knapp neun Kilometern sind wir wieder in unserem Zeltlager und zwar zu fünft. Alle Versuche, den Romeo zu vertreiben, bleiben erfolglos. Rammelige Jungs sind bekanntlich schwer abzuschütteln. Nur Fianna, die noch in der Nachläufigkeit ist und sonst gerade in dieser Zeit den Männern scharenweise den Kopf verdreht, bleibt unangetastet und genießt ihre eisige Souveränität. Man würde schon gerne wissen, welche Botschaft sie dem Kleinen auf ihre bekannt subtile Weise vermittelte, dass er solche Bögen um sie schlägt. Wir drehen mit den Mädels noch eine kleine Runde durchs Lager, in der Hoffnung, der Knirps würde es sich doch noch anders überlegen, wenn er uns durch all diese fremden Reviere folgen HeddaIsser jetzt endlich weg?müsste, und der Sache schließlich überdrüssig werden. Tatsächlich macht er sich nicht die Mühe, uns zu folgen, sitzt aber bei unserer Rückkehr nach 15 Minuten getreulich und geduldig wartend vor dem Franz. Jetzt fragen wir mal bei den Bertreiberinnen des Platzes nach, ob die unseren Romeo kennen – und sie wissen umgehend Bescheid. Ein Anruf bei einem Bauern in der Nähe, ein nicht wirklich freundliches Gespräch, eher ein aufgebrachtes und sehr bestimmtes, soll die Sache klären. Wir erfahren, dass der Kleine nicht zum ersten Mal hier auf Freiersfüßen unterwegs ist und sich seine Besitzer nicht um ihn scheren. Es dauert dann noch eine Weile, bis er tatsächlich abgeholt wird, nicht ohne eindringlich mahnende Worte der Betreiber an die Besitzer. Wir sind sicher, dass sich dieses Schauspiel bald wiederholen wird. Dann wird aber nicht mehr unsere Hedda die Hauptdarstellerin der Komödie sein.

Wir legen uns nach überstandenem Stalker-Angriff gegen 20 Uhr ein paar Würstchen und Cevapcici auf den Grill und lassen den Abend ausklingen, wobei wir zur Kenntnis nehmen, dass wir hier das erste Mal auf der Reise Stechmücken erleben. Das verdirbt uns den Abend und Slowenien aber überhaupt nicht mehr. Um 22:15 Uhr machen wir die Lichter aus, während es im Südosten wieder einmal wetterleuchtet. Soll sein…      

 

Dienstag, 29. Mai 2018

Bohinj-SeeNach RegenFianna auf der FährteEine Fährtenwiese wie Götterspeise am frühen Morgen liegt der See in einer grauen Licht- und Schattenwelt. Der Chauffeur zieht mit der Kamera los, um diese Welt ohne Übergänge festzuhalten, jederzeit gewärtig, dass Zlatorog aus den Schleiern steigt. Die Mädels dürfen währenddessen eine Trainingsfährte absuchen. Kurz nach 9 Uhr gibt es Frühstück bei schwülen und wolkigen 18 °C, und um 10 Uhr regnet es ein wenig. Keine Frage: Für die geplante Seeumrundung ist das Wetter heute unerfreulich schwer kalkulierbar. Aber sollen wir deswegen hier im Camp versauern? Die Frage fällt erwartungsgemäß negativ aus.

Um Am Bohinj-See10:45 Uhr gehen wir los, und zwar gegen den Uhrzeigersinn, erst östlich nach Ribčev Laz, dann über die Ost- und Nordseite zurück in Richtung Camp. Der See ist gut 4000 m lang, 1200 m breit und bis zu 45 m tief. Letzteres beeinflusst unsere Wanderung nicht, aber für den Umfang des Sees rechnen wir am Ende etwa 14 Kilometer ab. Es ist ein beschaulicher Spaziergang, fast immer am Seeufer entlang, sehr zur Freude unserer Wasserratten. Geschmälert wird unser VergnügeAm Bohinj-Seen durch reichlich Touristenaufkommen, vor allem um die Spitzen herum, während sich längs der Gegengeraden, wo sich der Weg immer weiter von AnsiedAm Bohinj-Seelungen entfernt, der Andrang der Mitwanderer deutlich reduziert. Schwierig ist, dass viele Spaziergänger ihre wenig kontrollierten Hunde rennen lassen, was uns zwingt, unsere Leinen deutlich öfter zum Einsatz zu bringen, als es uns, und besonders den Mädels, lieb ist. Aber natürlich ist der Wunsch, in dieser Gegend einen ungestörten Familienwandertag zu absolvieren nicht weniger als ein Hirngespinst. Und was uns zusteht, steht selbstverständlich auch allen anderen zu. Also: Ruhe bewahren. Sehr auffällig ist jedoch der ausgesprochen große Besatz an britischen Touristen auf diesem Wanderweg. Briten sind uns bisher in Slowenien kaum aufgefallen, aber hier scheint es eine kleine Exklave zu geben. Vielleicht täuschen wir uns ja sogar, und die Campierer von Zlatorog sind gar keine deutschen Abenteuerfamilien, sondern Briten, die angesichts des drohenden Brexits schon mal testen wollen, wo es sich anbietet, ein neues Empire auf Kiel zu legen.

Nachdem wir die Westseite des Sees umrundet haben, lassen wir uns im Garten eines kleinen Kiosks nieder und stärken uns mit einem Bier und einem Radler. Und prompt setzt der Regen wieder ein, der sich bei unserer Seeumrundung zugunsten einer dämpfigen Schwüle zurückgehalten hat. Kein Problem, das Camp ist nur 500 m entfernt. So ein bisschen Regen kann uns jetzt bestimmt nicht mehr in Verzweiflung stürzen. Allerdings müssen wir zwei Nackenschläge einstecken: Das Hotel Zlatorog, nur wenige Meter vom Kiosk gelegen, und mit einer guten Küche beleumundet, existiert nicht mehr: geschlossen. Damit ist unser Plan für unser letztes Abendmahl in Slowenien dahin. Macht nichts, 150 m Richtung Camp gibt es einen Italiener, Don Andro soll er heißen, dann kommt der eben zu Ehren. Nach eben jenen 150 Metern ist auch dieser Traum geplatzt: Don Andro ruht montags und dienstags! Das war’s dann. Zurück bleibt das Fazit: Slowenig kulinarische Auswahl hatten wir auf dieser Reise noch nie!

Wanderung um den SeeWanderung um den See

Wir sind gegen halb drei wieder beim Franz, und jetzt schüttet es, was runtergeht. Nun gut: dreieinhalb Stunden Outdooring schreit förmlich nach dreieinhalb Stunden Indooring. Der Himmel machts möglich und dem Chauffeur keinen Fianna auf dem SprungFianna, wie sie leibt und wieder lebtStrich durch die Rechnung. Auch die Mädels rollen sich zufrieden zusammen, am zufriedensten unsere sechseinhalbjährige Fianna, die während der gesamten Reise, am Ende ihrer Läufigkeit, einem Wurftermin entgegenzufiebern schien, was erfahrene Mutterhündinnen gern einmal tun, und dabei alle Zeichen einer schweren Geburt mit sich herumtrug. Träge schlich sie um uns herum, eher lustlos und manchmal auch mürrisch, was der stummelbeinige Gigolo zu spüren bekam, doch heute entstieg sie ihrem Wochenbett-Kokon, schwebte schwerelos, federnd und bester Laune 14 Kilometer um uns herum, als hätte sie soeben einem Dutzend Weltmeister(innen) und Schönheitskönig(inn)en das Leben geschenkt und damit die ganze Familie unsterblich gemacht. Von einem Tag auf den anderen ist sie wieder die alte. Auf dem Rücken liegend grunzt sie glückgeflutet im Bett des Herrn, eine einzige Demonstration vitaler Präsenz.   

Mangels Hotel und Pizzeria kochen wir Rigatoni und nappieren sie mit Thunfisch-Tomatensoße, besser hätte es das Zlatorog und auch Don Andro nicht hingekriegt. Weil der Regen durchgezogen ist, speisen wir draußen vor dem Franz und überlegen, ob wir zu den Rigatoni tatsächlich etwas trinken müssen oder uns mit der wassergeschwängerten Atemluft begnügen könnten, entscheiden uns aber dennoch für eine Pastabegleitung aus unserem Mariborer Rotweinvermächtnis. Der Chauffeur bemüht dann sogar noch seine Gitarre, die allerdings wenig zur Abschiedsstimmung beitragen will, weil sich Gitarren in Waschküchen wie echte Stimmungskiller verhalten; vielleicht führen wir ja für solche Fälle in Zukunft ein Waschbrett mit.

Um 23 Uhr ziehen wir uns die Decken über den Kopf. 17 °C hat es noch und rund 90% Luftfeuchte. Das ist gut für den Teint. Ja, auch dafür kann man eine Slowenienreise empfehlen.   

 

Mittwoch, 30. Mai 2018

8 Uhr, 16 °C, bedeckt. Der Himmel trauert ob unserer Abreise, weint aber nicht. Rund um die Sanitäranlagen ist Volksauflauf: Kein Wasser im Camp. Die Betreiber hatten es gestern bereits per Aushang angekündigt, aber, kaum einer hat das mitbekommen. Wir auch nicht. Die ganze Region ist wegen Wartungsarbeiten bis 16 Uhr abgedreht. Unter solchen Umständen dreht dann auch manch ein Tourist ab. Die Toiletten sehen aus wie die Latrinen eines Landsknechtslagers, weil offenbar nicht jedem der Zweck bereitgestellter Wasserkanister klar ist. Zwei Großveranstaltungen haben wir miterlebt, in Ljubljana und an der Soča, und beides Mal waren die Toiletten und Duschen anschließend in einem sehr ordentlichen Zustand, doch hier im Teutonen- und Britenlager schlägt das mittelalterliche Hygieneerbe voll durch. Wir halten Abstand und nehmen es gelassen, denn wir sind autark. Aber die Zeltlageristen haben jetzt ein Problem.

ZlatorogAuf ein baldiges Wiedersehen, ZlatorogWährend unseres Frühstücks um 10 Uhr verziehen sich die Wolken und lassen ein letztes Mal den slowenischen Himmel über uns lachen. Wir bezahlen bei den sehr freundlichen und hilfsbereiten Betreibern 51 € und versprechen fest, dass wir wiederkommen werden.

Inzwischen sind unsere Mädels schon auf Abschied eingestellt. Sobald Tisch und Stühle eingeräumt werden, verkriecht sich Hedda unter den Wohnzimmertisch, um nur nicht vergessen zu werden, während Fianna ihre Reiseposition im Bett des Chauffeurs bezieht. All doors in flight…

Bei 20 °C und einem weiß-blauen Himmel verlassen wir den Bohinj-See und bald darauf Slowenien und steuern auf dem kürzesten Weg über Villach und die Tauernautobahn die Heimat an, wo wir nach 345 km um 15 Uhr ankommen. Bayern begrüßt uns mit wolkigen 27 °C.

Ach Menno, wir wollten doch noch eine Kremšnite für die Wiedereingliederung mitnehmen…    

 

 Epilog

Slowenien ist ein sehr zu empfehlendes Reiseland, das vor allem aus dem Süden Bayerns sehr schnell zu erreichen ist (München – Ljubljana: 370 km). Es bietet nahezu alles, was ein Urlauberherz sich wünschen mag: Richtige Berge im Norden zum Wandern, Klettern, Ski- und Radfahren, Flüsse und Seen für alle Arten von Wassersport, Weingebiete und Weinschänken für die Entschleunigung und den Schmäh und etwa 40 km richtigen Adriastrand, dazu einzigartige Attraktionen wie die Höhlen von Postojna oder eine junge und lebensbejahende Stadt wie Ljubljana. Weil Slowenien nur etwa so groß ist wie Hessen, sind alle Ziele nahezu im Handumdrehen zu erreichen. Man muss sich also nicht auf umfangreiche Planungen einstellen, sondern kann sich getrost treiben lassen und erst morgens entscheiden, wo man sich abends zur Ruhe betten möchte.

Slowenien ist neben all dHedda in der BlumenwieseHedda Doolittle, das Blumenmädcheniesen profanen Dingen auch ein lebendes Geschichtsbuch. Überall begegnet man den Zeugen österreichischer, italienischer und deutscher Einflüsse, in der Landschaft, in der Architektur ebenso wie in der Gastronomie. Wir haben nur gut gegessen, egal ob es Gulasch war, Fisch, Pasta oder eine Balkanplatte. Slowenien ist ein dünn besiedeltes (etwas über 2 Mio. Einwohner, davon etwa 300.000 in Ljubljana) und sehr grünes Land. Die Wetterverhältnisse sorgen für zauberhafte Landschaften; Regen und Winde aus den Alpen zusammen mit den warmen Lüften des Mittelmeers überziehen Slowenien mit einem satten Grün und bescheren ihm eine äußert üppige und saftige Artenvielfalt. Intensive Landwirtschaft haben wir fast nirgends beobachtet, die Belohnung dafür sind prächtige und duftende Blumenwiesen, wie es sie bei uns kaum noch gibt. Man kann sich an dieser Blütenpracht und Artenvielfalt kaum sattsehen und schwelgt in all den üppigen Farben. Aber grün ist nicht nur die Landschaft, sondern auch der Umgang mit der Natur. Wir haben bisher nirgendwo auf europäischen Campingplätzen eine so konsequent verfolgte Mülltrennung erlebt wie in Slowenien. Wer sich als Deutscher in dieser Hinsicht als europäischer Musterknabe verstanden hat, wird schnell eines Besseren belehrt und wird zum demütigen Ökolehrling. Auf dem Campingplatz in Ljubljana sieht man sich bei Nichtbeachtung der Vorschriften sogar mit „400 € Straffe“ konfrontiert.

Der Womo-Reisende kann überwiegend entspannt dahinrollen, allerdings wird er manchmal auch von engen Passstraßen, selten auch von elenden Straßenverhältnissen herausgefordert. Unangenehmer sind jedoch die wirklich vielen Baustellen, die manchmal nach Wildwestmanier gemanagt sind, also mehr oder weniger dem Faustrecht unterliegen. Wer aber seinen Urlaub als Entspannung versteht, lehnt sich eben zurück und wartet, bis die Eiligen und Wichtigen durch sind. Wie wär‘s denn mit einem kleinen Tratsch mit den Bauarbeitern?        

Die Slowenen sind nämlich wie ihr Land ein unaufdringlich freundliches, umgängliches und sehr zugängliches Volk. Sie sind klar und offen, sie lachen gerne und herzhaft und pflegen eine natürliche und herzliche Gastfreundschaft. Wer sich unter Slowenen nicht wohlfühlt, fühlt sich vermutlich auch in seiner eigenen Haut nicht wohl. Wir haben uns so wohl gefühlt, dass die nächste Slowenienreise nicht lange auf sich warten lassen dürfte.

Panorama

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